"Downshifting" - Was haltet ihr davon?

  • Zur Zeit arbeite ich 42h die Woche, ich bin im öffentlichen Dienst in der EDV tätig. Im Moment ist eine Reduzierung aus finanziellen Gründen noch schwierig, ich muss noch wenige Jahre meine Wohnung abzahlen. Ist das geschafft, so werde ich definitiv eine Teilzeitstelle beantragen. 28-30 h pro Woche schweben mir vor. Ich will damit praktisch die Reduzierung der monatlichen Belastung (Hypothek) nicht in mehr Geld zum Verbrauch umwandeln, sondern direkt in Freizeit.
    Das wird für mich insofern leichter sein als für andere, weil niemand im privaten Umfeld mitbestimmt (Single ohne Kinder.) Ich hoffe dass mein Arbeitgeber (der Staat) mir keine Steine in den Weg legt, aber notfalls bin ich auch bereit mein Recht auf Teilzeitarbeit einzuklagen. Es geht eben um etwas was mir im Leben sehr wichtig ist und dafür bin ich auch bereit zu kämpfen. Mir ist klar dass meine Karriere dann vermutlich am Ende angekommen sein wird, aber das Ziel meines Lebens besteht nicht daran möglichst viel Geld anzusparen. Sonst wäre ich wohl Anwalt oder Arzt geworden. :)
    Ob dadurch mein Ansehen sinkt, ich weiss es nicht, aber auch wenn das der Fall sein sollte stört es mich nicht. Es gibt noch so einiges was ich im Leben erledigen will, dazu gehören z.B. viel mehr Bücher lesen, Sprachen lernen, mehr von der Welt kennenlernen. Zur Zeit sehen meine Wochentage so aus: 5:30 Uhr klingelt der Wecker, um 7:00 bin ich in der Arbeit, dann minimal 9h 15min Arbeitszeit inkl. Pausen, oft Überstunden, vor 17:30 bin ich dann nicht wieder zuhause. Irgendwas liegt jeden Tag an, Paket von der Post holen, Einkaufen, Haushaltsarbeiten, Papierkram und noch einiges mehr. Dann ist es 19:00 Uhr und es beginnt die "Freizeit". Und die ist maximal 3-4h lang, überziehe ich das so gibt es am nächsten Morgen die Strafe. Diese "tolle" Freizeit habe ich aber nach einem langen Arbeitstag so dass ich schon müde bin wenn sie beginnt.
    Somit bleiben für Aktivitäten fast nur die Wochenenden. Am Samstag gehen wieder einige Stunden für Dinge drauf, die eben sein müssen. Einen grösseren Einkauf z.B., die Waschmaschine einschalten, Reparaturen, in der Wohnung das aufräumen was ich unter der Woche einfach liegen gelassen habe und 100 andere Dinge.
    So bleiben 1,5 Tage pro Woche für mein Leben. Das ist mir schlicht zu wenig! Mal davon angesehen, dass das Wochenende für viele Dinge nicht einsetzbar ist. Nach ca. 15 Jahren Berufstätigkeit habe ich mir im grossen und Ganzen das geschaffen, was ich will. Ich werde nie eine Yacht oder eine Villa am Genfer See haben, aber ehrlich gesagt brauche ich das nicht.
    Was ich brauche ist: Leben, Leben, Leben!


    Viele Grüße
    Thomas

  • Zitat

    Original geschrieben von AdministratorDr
    Vielleicht kann DUSA da aushelfen ;)

    Der DUSA stand heute morgen schon um 8:30h im Seminar und verlustierte sich auch auch noch bis 21:00 Uhr in einem Teamtraining, welches fröhlicherweise morgen, Samstag, von 8:30 - 15:00 Uhr weitergeht. Da ich hübsch erkältet bin und bald keine Stimme mehr habe, könnte eher ich ne Aushilfe gebrauchen :D


    Derweil werd ich mal meine Matraze auf Glücksmöglichkeiten abhören und den arbeitsfreien Sonntag glücklich genießen ;)



    Spontan sach ich mal: Glück ist individuell und entsprechend für jeden anderst. Hinzu kommt der "blöde" Umstand, dass wenn wir erstmal eine Weile in einer Situation sind wir gerne eine Änderung wollen, weil die alten Stimuli nicht mehr ausreichen, um das Glückslevel zu halten ;)

    Q: I've always tried to teach you two things. First, never let them see you bleed.
    Bond: And the second?
    Q: Always have an escape plan...

  • Ich find nur eines lustig - hier wird über "downshifting", einklagen von Rechten bezüglich Teilzeit, usw. geredet.
    Und da bei den bisher genannten Arbeitszeiten von max. 42 Stunden.
    Ich glaube, das ist unser Problem hier in DE. 40Stunden Arbeitszeit pro Woche wird schon als eine absolut unmenschliche unzumutbare Sache gesehen.


    Wenn man ne Dauerarbeitszeit von 70Stunden + die Woche fährt, kann ich verstehen, dass man darüber nachdenkt ein wenig kürzer zu treten.


    Aber gut, das tut hier eigentlich nix zur Sache.


    Ich denke mal, der Mensch will immer das haben, was er nicht hat. Ich beneide meine Angestellten, wenn die 3 Wochen am Stück in Urlaub gehen, meine Angestellen beneiden mich um, scheissegal - irgendwas halt.


    Hätte allerdings der andere dieses Ziel ebenfalls erreicht, wäre was anderes wieder verlockender.


    Der Witz darin liegt wohl darin, sich mit seiner Situation zu arangieren und sie zu mögen. Geht das aus irgendwelchen Gründen nicht, muss man was dran ändern.


    So seh ich das zumindest...


    Charlie

    --
    Die 5 Sinne des Menschen:
    Unsinn, Irrsinn, Stumpfsinn, Blödsinn und mein persönlicher Liebling, der Wahnsinn.
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  • Ich hole den Thread hier mal hoch, weil ich mich selbst gerade mit dem Thema "Downshifting" beschäftige.


    In diesem Zusammenhang würde mich mal interessieren, was aus den Postern hier geworden ist, die dies (oder zumindes einen Teilausstieg) ebenfalls vorhatten.

    In Search of Sunrise

  • Ciao,


    ich bin zwar kein Vorposter gewesen, aber ein Vorleser ;-)


    Mit dem Ziel vor Augen und ein wenig Glück hat es bei mir geklappt.


    Ich habe aus einer (halbwegs gezwungenen) Vollselbständigkeit mittlerweile einen Teilzeitjob bei einem ehemaligen Kunden. 20 Std. die Woche. 9-13 Ur :) und verdiene das was ich vor 10 Jahren bei 40 Std. die Woche hatte. Meine Vollselbständigkeit habe ich in ein passives Nebengewerbe umgeändert (muss nun keine Aufträge suchen = Stress/Druck, sondern nehme nur das an, was angefragt wird). Dies ist nun seit ca. 2,5 Jahren so. Ist ein Genuss.
    Natürlich mussten dafür auch Opfer gebracht werden. Aus einem schicken oberen mittelklassen Kombi wurde ein Smart usw.! Den Kombi den dachte zu "brauchen" vermisse ich keinen Tag. Und mit dem Smart klappt der Alltag auch. Auch der Wunsch nach einem eigenen Haus haben wir erst garnicht angefangen zu träumen.
    Aber auch die Tendenz das die finanziellen "Löcher" weiterhin gestopft werden sind auch da (Nebengewerbe von mir und das meiner Frau).
    Meine Frau hat Anfang 2008 auf 75 % reduziert und wir planen das es Anfang 2010 auf 50 % runter soll, sofern nichts dazwischen kommt bzw. die Firma mitmacht.


    Interessant fand ich mal die Aussage eines japanischen Managers der auch diesen Schritt gegangen ist. Der Wortlaut war ungefähr


    Zitat

    Manger dieses Unternehmens können wahrscheinlich 1000 Menschen sein, aber Vater meiner Kinder und Ehemann meiner Frau, kann nur ich sein.


    Unsere Zeit nutzen wir nun flexibler, mit weniger Druck, gemeinsam (auch das wir nun einen Teil unserer Nebengewerblichen Arbeit gemeinsam machen :) ) Zeit verbringen, bzw. die Zeit dafür einsetzen können für das was uns wichtig ist bzw. uns glücklich macht.


    Ciao Vito

    Der Mann mit den Hochzeiten

  • Hmm, das klingt ja schon mal erfreulich.


    Habe mal aus Spaß ausgerechnet, wie sehr sich eine Reduzierung von 39 Stunden auf 27 Stunden bei mir finanziell auswirken würde und war erstaunt, wie gering die Differenz doch ausfällt. Würde dann genauso viel verdienen, wie bei meinem letzten Job und damals bin ich auch recht gut über die Runden gekommen. Natürlich müsste sich dann zeigen, inwiefern bzw. wo man doch Einsparungen vornehmen müsste, aber ich denke, dass diese nicht wirklich tiefgreifend wären. Habe bisher eh viel Geld aus Frust für sinnlose Unterhaltungselektronik oder Autos ausgegeben ;-) Wenn ich dann denke, wöchentlich gut 1,5 Tage mehr Freizeit hätte, klingt das für mich doch recht verlockend.


    Generell aber in meinem Bekanntenkreis ein schwieriges Thema. Habe mal den einen oder anderen angesprochen und mehr als ein unbegründetes "Weiß nicht" und "das muss sehr gut überlegt sein" kam leider nicht heraus.

    In Search of Sunrise

  • Ich bin auch kein Vorposter, aber bei uns steht auch eine Veränderung an.


    Meine Frau hat sich Nebengewerblich selbstständig gemacht.


    Die Planung sieht so aus, das wir die Firma noch ein Jahr aufbauen, und wenn wir einen ordentlichen Kundenstamm aufgebaut haben, werde ich nur noch Teilzeit arbeiten, auf 30 Stunden Basis.


    Ich bin halt dummerweise kein Single ohne Kinder und auch nicht Ü30 alt, wie viele Kollegen, denen es nix ausmacht, 24/7 für die Frima dazusein.


    Ich möchte auch gerne für meine kleine und meine Frau da sein, nicht nur für die Firma.


    Ich habe schon zu viel von den ersten beiden Jahren meiner kleinen verpasst :( die Kohle ist es auf Dauer nicht wert, habe ich gemerkt.

  • Ich würde das als Karrierekiller sehen.
    In dem Unternehmen ist man mehr und mehr vom Infofluss abgeschnitten, Kontake gehen verloren und ob es bei der vereinbarten Arbeitszeit bleibt, ist alles andere als sicher. Betrachtet man noch die negativen Konsequenzen bei der Rente, sehe ich das nur als sinnvoll an, wenn man massig Geld gebunkert hat - also mehrere 100.000€...
    Dazu kommt noch die Frage, was man mit der gewonnen Zeit macht. Sich mit der family den Hintern vorm TV plattzusitzen ist nicht unbedingt die Lösung. Alternativen kosten idR auch Geld, so daß man neben der Gehaltsminderung auch noch höhere Kosten hat...

  • Naja, ich persönlich würde mittlerweile Karriere als Lebenskiller sehen.
    Wenn ich jetzt schon wieder dran denke, dass a) der Infofluss abgeschnitten wird, b) ich Überstunden machen muss, c) mir die ganze Geschichte negativ ausgelegt wird, d) ich nur für die Rente schuften soll und dann noch e), f) g) und so weiter, wird mir schon wieder schlecht und frage mich ehrlich, wessen Leben ich da eigentlich lebe. Habe karrieretechnisch mit meinen 30 Jahren eigentlich alles durchgemacht und erlebt und bin mittlerweile an einem Punkt angelangt, an dem ich merke, dass dieses Leben, das ich bisher geführt habe, einfach nicht das Leben ist, das ich so weiterführen will. Das Leben bietet so viel und im Prinzip bin ich -wenn ich so weiter lmache wie bisher- bis zum Ende meines Lebens ein Sklave des Geldes gewesen und wundere mich dann wohl noch mit 70 woher die ganzen Bauchschmerzen, Müdigkeitsattacken und eine generelle Unzufriedenheit herkommen. Natürlich geht es fast allen da draußen so, nur bin ich mir mittlerweile immer mehr im Klaren, dass ich zurückschalten muss. Ist halt alles eine Sache der Sichtweise und dem Druck aus dem man handeln muss.

    In Search of Sunrise

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