Diskussion: Boykott gegen Siemens / BenQ

  • Nein, so einfach kann man es sich nicht machen. Sicherlich erwartet man von Kapitalanlagen Rendite, aber nicht um jeden Preis.


    Wir sind eine soziale Marktwirtschaft, man kann nicht alles auf Gewinnmaximierung reduzieren. Auch Aktionäre und Anleger sind an anderer Stelle Beschäftigte in Betrieben, Konsumenten, Mitglieder der Gesellschaft, und haben ein Interesse daran daß der soziale Friede gewahrt bleibt und ein kurzfristiges Gewinnstreben nicht das gesellschaftliche Gefüge sprengt.


    Es mag vielleicht für Einzelne anders aussehen, aber in der Masse dürften auch Aktionäre Interesse an einer langfristigen Perspektive der Unternehmen, an denen sie beteiligt sind, haben. Viele von ihnen sind auch nicht unbedingt Großaktionäre, die nur Geld durch ihre Aktien scheffeln, sondern normale Arbeitnehmer, die selber auch einen sicheren Arbeitsplatz in einem zukunftsträchtigen Unternehmen haben möchten, und einen leicht kleineren Aktiengewinn akzeptieren wenn dadurch sichere Arbeitsplätze, letztlich auch für einen selber, geschaffen werden können.


    Interessanterweise geht es z. B. einem Unternehmen wie Porsche, wo die Reihenfolge der Interessen 1. Kunden, 2. Beschäftigte und erst 3. die Aktionäre ist, auch sehr gut. Dort unterwirft man sich eben nicht kurzfristigen Gewinnerwartungen, sondern hat erkannt daß es dem Unternehmen - und somit den Anlegern - zugute kommt wenn die Kunden zufrieden sind und die Mitarbeiter motiviert sind.

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Tja, mag sein, dass Du moralisch einen redlichen Standpunkt vertrittst.


    ABER: Haltbar ist das nicht. Milton Friedman - seines Zeichens Wirtschaftsnobelpreisträger - hat es mit seiner Theorie der individuellen Gewinnmaximierung aufgezeigt. Das kann man nun mal nicht so leicht schön diskutieren ;)


    Leider ist es aber auch so, dass man nicht von jedem Individuum erwarten kann, dass es überhaupt in der Lage ist seinen individuell maximalen Nutzen zu bestimmen und durchzusetzen. Das ist dann wohl der Unterschied zwischen Theorie und Praxis.

  • Das ändert trotzdem nichts daran, dass M.F. recht hat(te).


    Man muss "Gewinn" ja nicht nur durch den ROI in einer Zeitperiode bewerten. Dass zeigt ja Dein Porsche-Beispiel. Hier führt Mitarbeiter-Zufriedenheit (die ggf. "teuer" erkauft ist) zu einer besonderen Markt-Stellung und damit letzlich auch zu einer besonderen Gewinnsituation.


    Ich will mich in der Hinsicht auch gar nicht streiten. In der derzeitigen gesellschaftlichen Situation ist Kapitalismus - durchaus auch verständlicherweise und zurecht - auf dem "absteigenden Ast".


    Trotzdem bleibt es halt so, dass man niemandem zum Vorwurf machen kann, seinen indiviuellen Nutzen zu maximieren.


    Nehmen wir als Beispiel ein Sparbuch: Das eine bietet 2%-Zinsen, das andere 3%-Zinsen. Wenn es keine anderen ggf. gewinnschmälernden Argumente gibt (z.B. Einlagesicherheit) kann man es niemandem verübeln sich für das bessere Angebot zu entscheiden. Gleiches gilt ebenso für den Kauf eines Pfunds Nudeln, wie ein paar Aktien. Es kann nicht moralisch verwerflich sein, sich für die beste Alternative zu entscheiden - und damit das Kapital in die optimale Verwendung zu lenken...

  • Du ignorierst dabei aber völlig daß es neben der reinen Marge, dem finanziellen Gewinn, auch anderen Nutzen gibt, der sich nicht in Zahlen, reinem Geldgewinn, ausdrücken läßt, aber die Handlungsweisen und Entscheidungen der Menschen trotzdem beeinflußt.


    Es gibt zahlreiche Gründe weswegen jeder von uns tagtäglich zu Lösungen greift, die bei einer isolierten Betrachtung suboptimal scheinen weil sie finanziell nicht das Optimum darstellen. Und trotzdem gibt es immer Gründe warum der Einzelne eben doch zu dieser, und keiner anderen Lösung greift: weil es eben auch anderweitigen Nutzen als nur Gewinnmaximierung gibt: Lustgewinn, Sicherheit, soziale Aspekte, Sympathie oder Antipathie für / gegen irgend etwas...


    Friedman in allen Ehren, aber er neigt sehr stark dem Monetarismus zu... Was wäre wenn nun aber die Anhänger des Keynesianismus Recht haben?


    Wobei ich glaube daß das jetzt wirklich ausufert und ins OT abgleitet.

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

  • Zitat

    Original geschrieben von Printus
    Und genauso ist es nicht vermittelbar wenn Konzerne Spitzengewinne machen, zugleich aber Mitarbeiter rauswerfen. Es gibt dafür zahlreiche Beispiele, egal ob man die Allianz oder wen auch immer anführen will.


    Da liegst du völlig falsch. Natürlich scheint es gegen aussen unlogisch und völlig asozial, wenn profitable Unternehmungen Arbeiter auf die Strasse stellen. Als Laie hat man schlicht keine Ahnung, welche Gründe zu solchen Schritten geführt haben und was die Hintergründe sind.


    Als Beispiel kann ich die Schweizer Grossbank UBS nennen, die weltweit grösste Vermögensverwalterin. In den schwierigen Jahren zu Beginn dieses Jahrtausends hat die UBS massiv Leute abgebaut weil die Rendite eingebrochen ist. Natürlich haben sie nach wie vor ordentlich Geld verdient was selbstverständlich zu heftiger Kritik geführt hat. Doch der Abbau der vielen Arbeitsplätze war alles andere als sinnlos. Die Bank hat sich reorganisiert, die Effizienz gesteigert und hauptsächlich Leute im Back Office entlassen. Gleichzeitig wurden im Verkauf neue Banker angeheuert, was dazu geführt hat, dass die Bank heute extrem profitabel ist.


    Der Top-Banker der UBS, Marcel Ospel, verdient übrigens etwa 13 Millionen Euro pro Jahr (deutlich mehr als Josef Ackermann bei der Deutschen Bank). Für mich sind solche Saläre moralisch und gesellschaftlich nicht vertretbar aber wirtschaftlich gesehen, ist das kein Problem. Natürlich versuchen die Gewerkschaft immer Polemik zu machen mit den Gehältern der Top-Manager doch dabei vergessen sie immer, dass die steigenden Löhne der Manager im keinem direkten Zusammenhang mit den Löhnen ihres Klientel steht. Schliesslich hat der Lohn eines Bankers keinen Einfluss auf den Lohn eines Bauarbeiters, der seit Jahren keine Lohnerhöhung mehr kassiert hat. Doch offensichtlich kann man mit diesem Thema ziemlich gut Stimmung machen in der Politik.



    Das Posting von tomcat bringt die ganze Sache doch ziemlich auf den Punkt. Indirekt sind wir alle Anleger im Kapitalmarkt und profitieren selber von hohen Renditen. Das erwarte ich sogar, schliesslich ist das mein Alterskapital (Rente) und ich bin auf gute Zinse angewiesen.


    Geldverdienen gehört in der Wirtschaft einfach dazu. Soziale Marktwirtschaft tönt zwar schön und gut und würde in einem abgeschlossenen System vielleicht sogar funktionieren. Doch leider ist die Welt kein gestützter Werkplatz sondern ein Haifischbecken. Wer nicht ständig am Ball bleibt und sich nicht zu wehren weiss, wird gefressen.

    An Apple a day keeps the doctor away.

  • Zitat

    Original geschrieben von Printus
    Du ignorierst dabei aber völlig daß es neben der reinen Marge, dem finanziellen Gewinn, auch anderen Nutzen gibt, der sich nicht in Zahlen, reinem Geldgewinn, ausdrücken läßt, aber die Handlungsweisen und Entscheidungen der Menschen trotzdem beeinflußt.


    Nein, das tue ich nicht. Als Investor kann dies aber nicht meine Entscheidung beeinflussen. Entscheidend ist was das Unternehmen daraus macht. Beispiele:
    - zufriedene Mitarbeiter bauen bessere Produkte. Bessere Produkte lassen sich besser verkaufen. Dies steigert den Unternehmenswert -> Unternehmen, Angestellte und Kapitalgeber sind zufrieden.
    - Kennst Du "Whole Foods Market"? Das ist eine extrem erfolgreiche Bio-Supermarkt-Kette, hauptsächlich in USA. Die veranstalten immer wieder Tage, an denen 5% des Tagesumsatzes an caritative Organisationen gespendet wird. Trotzdem steigern sie damit den Unternehmenswert. An den Tagen wird nämlich deutlich mehr Umsatz gemacht als an anderen Tagen. Da kann auch kein Kapitalgeber etwas gegen haben, das 5% des Umsatzes gespendet werden.
    - Letztes Beispiel: Microsoft! Das vielleicht kapitalistischste Unternehmen der Welt. Trotzdem hat Bill Gates die "Bill & Melinda Gates Foundation" gegründet. Letztlich mit seinem Privatvermögen, aber da die Stiftung Anteile an MS besitzt partizipiert sie unweigerlich am finanziellen Erfolg Microsofts. Es ist die weltweit größte Stiftung mit einem Kapital von fast 30 Mrd US-$! Jeder cent Wertsteigerung von MS kommt auch dieser Stiftung zu gute.


    Was will ich damit sagen?


    Die Verantwortung trägt m.E. nicht der Investor, sondern das Unternehmen. Der Investor entscheidet zwischen den alternativen rein monetär, aber ihm ist es dabei sicher nicht unrecht, wenn das Unternehmen seine Verantwortung nutzt um seine eigene Position zu verbessern...

  • Je mehr ich mir mein EF81 anschaue, desto mehr merke ich, was für eine lieblose, schäbige Kopie es doch vom Motorola V3x ist.
    Und je mehr ich lese und höre über Benq-Siemens umso mehr bestätigt es mir meinen fatalen Fehlkauf, ein bitterer Beigeschmack.
    Als ehemaliger Siemens Mitarbeiter kenne ich diese Prozeduren um die Gewinne zu maximieren.Auch ich bin da mal zum Opfer gefallen vor 5 Jahren, die Produktion ging nach Singapur, in Karlsruhe wurde nach Sozialplan gekündigt, was mit den Mitarbeitern in Bruchsal passiert ist, naja, mit Menschlichkeit hat das rein gar nichts zu tun.
    Auch damals wurden die Vorstandgehälter um (ich glaube) 13 % erhöht.
    Für BWL Studenten, angehende Manager und Konsorten mag Siemens ja ein tolles Vorbild sein, die stille Bewunderung ist bestimmt groß.
    Leider treibt Siemens schon seit 11 Jahren solche Machenschaften.Bisher allerdings kam noch nichts davon so an die große Glocke, war es diesmal zu dreist?
    Ich für meinen Fall verkaufe mein EF81 und werde auch ansonsten nichts, aber auch rein gar nichts mehr von "Siemens" kaufen, nicht um etwas zu bewirken, so naiv bin ich nicht, aber des Prinzips wegen.
    Es gibt andere große Unternehmen, da läuft so etwas "charmanter" ab...
    greets

  • Zitat

    Original geschrieben von yamakazi2003
    Je mehr ich mir mein EF81 anschaue, desto mehr merke ich, was für eine lieblose, schäbige Kopie es doch vom Motorola V3x ist.
    Und je mehr ich lese und höre über Benq-Siemens umso mehr bestätigt es mir meinen fatalen Fehlkauf, ein bitterer Beigeschmack.


    Was stört Dich denn ganz konkret (nur eine rethorische Frage)?


    Mein Eindruck ist daß die ganze Situation in der Öffentlichkeit nicht mehr darum geht wie gut oder schlecht die Geräte wirklich sind - weil für einen Großteil der 08/15-Nutzer sind die Handys absolut ausreichend - sondern es kommen jetzt irgendwelche Marktmechanismen ins Spiel... und die werden BenQSiemens wirklich das Genick brechen.


    Die Diskussion ist jetzt nicht mehr wie gut die Geräte wirklich sind, sondern der Otto Normalverbraucher hat nur mitbekommen daß BenQSiemens-Handys heiße Eisen sind und man die Finger davon lassen soll. Es ist nicht das Seebeben, das wirklich schlimm ist, sondern der Tsunami, den es auslöst...


    Der Markt für BenQSiemens-Handys bricht jetzt völlig ein - oder ist schon eingebrochen - aber nicht weil die Geräte schlechter sind als vor 3 Wochen, sondern weil die Schlagzeilen und Medienberichte über die Pleite jetzt Wirkung zeigen und das Image des Herstellers völlig ramponiert ist.

    Ich dachte immer es sei technisch unmöglich mit jemandem Sex zu haben, der Dörte heißt...

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