Siemens-Manager raffgierig?

  • Irgendwie verstehe ich die aktuelle Aufregung um die Siemens-Gehälter nicht.


    Sicher ist es unglücklich, wenn man eine 30%ige Gehaltserhöhung in die Welt hinausposaunt und gleichzeitig einige Problemchen am Start hat und wohl Entlassungen tätigen muss. Zufällig habe ich mir aber vor ein paar Wochen (also vor der Diskussion) mal den Geschäftsbericht 2005 angesehen und bin dabei auch über die Auflistung der Vorstandsgehälter gestolpert. 3,3 Millionen pro Jahr stand da bei Klaus Kleinfeld. Ich dachte mir dann "Nur?? Für die Verantwortung über einen Konzern, der in 190 Ländern tätig ist, Jahr für Jahr um die 80 Milliarden Euro umsetzt und rund 460.000 Mitarbeiter hat? Andere große Firmen zahlen doch deutlich (!) mehr. Wieso lassen die sich damit abspeisen?". Natürlich sind 3,3 Millionen nicht wenig und mir würde das reichen ;), aber im Vergleich mit anderen Firmen (egal ob DE, Europa oder Welt) liegen die Gehälter in der Tat sehr weit unten.


    Wenn sich dann jetzt Politiker und sonstige "Größen" echauffieren, das sei eine Riesensauerei, asozial, aufgrund mangelhafter Leistung keineswegs angebracht und was weiß ich nicht noch alles, dann stimmt da doch etwas nicht. Sind es nicht gerade Politiker, die sich andauernd selbst die Diäten erhöhen? Die 'nichts' leisten für ihr Geld? Dessen Unternehmen (das Land Deutschland) kurz vor dem Kollaps steht? Irgendwie pervers diese Doppelmoral.


    Wie seht ihr das?

    Sie nannten ihn Trollfütterer.

  • Also unsere Politiker haben Diäten zwischen 7000 bis 10.000 Euro im Durchschnitt. Also warscheinlich ein Tagesgehalt eines Siemens Manager. Und ob es weniger Verantwortung ist ein Land mit über 80 Millionen Bürgern zu führen glaub ich kaum. Ich mag zwar auch nicht mit unseren Politikern zufrieden sein, aber im Vergleich zu den Managern verdienen unsere Politiker nur Peanuts.


    Aber ich finde es schon pervers wenn ein Konzern nicht gerade über die aktuell berauschendsten Daten verfügt, gleichzeitig Tausende Schicksale vor die Tür setzt und dann auch noch ankommt um sich nen Milliönchen oder zwei mehr aus der Portokasse zu gönnen.


    Den Mitarbeitern Löhne, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld streichen Mehrarbeit für weniger Geld um ja das arme Unternehmen nicht zu strapazieren, aber von der anderen seite gleich 1,2 Millionen sein Gehalt aufstocken wollen. Das ist in der Tat pervers. Noch dümmer das sich das die Leute auch noch warscheinlich gefallen lassen werden.

  • Einerseits hast Du sicher nicht Unrecht mit Deiner Aussage, dass die, die am lautesten schreien, "Haltet den Dieb!" rufen, während sie sich selber bedienen. Und es mag auch durchaus sein, dass die Gehälter am unteren Ende vergleichbarer Führungspositionen rangieren, und damit ungerechtfertigterweise weit unten.


    Andererseits findest Du nur wenige Firmen, wo Brillanz und erbärmliche Unfähigkeit so nahe beieinander liegen. Nimm die Handysparte: irgendwie haben deren Manager es fertiggebracht, in nur zwei, drei Jahren aus einem Marktführer einen Zählkandidaten zu machen. Und das bei hervorragenden Entwicklern und durchaus spannenden Produkten in der Pipeline, und bei einer absolut ergebenen Kundschaft, die Wert auf Zuverlässigkeit und Top-Service legte (das waren jedenfalls immer die Punkte, die mich bewogen haben, Siemens zu kaufen. Als es damit nicht mehr so weit her war, stieg ich um auf Ericsson, dann SE.)


    À propos Ericsson: wie dumm konnte man eigentlich sein, die Ericsson-Handysparte damals nicht zu übernehmen?


    Andere Beispiele gefällig? Bitte sehr: Siemens besitzt jetzt die schnellste Elektrolok der Welt, ist andererseits aber nicht in der Lage, die fahrerlose U-Bahn, die sie der Stadt Nürnberg für die neue Linie U3 schon für 2005 versprochen haben, abzuliefern. (Jetzt trainiert die Stdt Nürnberg U-Bahnfahrer, weil sie mit der Eröffnung der Strecke nicht länger warten mag. Natürlich musste inzwischen auch die Signaltechnik umgebaut werden - vermutlich auch von Siemens. (Dann hätte das Ganze ja sogar Methode :D )) Oder die Straßenbahnen, die nach Amerika geliefert wurden (ich glaube Seattle, aber da kann ich mich irren): Bei der Abnahme stellten sich Haarrisse in den Hauptrahmen heraus. Irgendwie hatte man bei Siemens die Teile wohl nie mit Beiwagen getestet.


    Wie gesagt - geniale Ideen, lausig ausgeführt. So gibt es (zu) viel bei Siemens. Von daher sind die Vorstandsgehälter schon auch gerechtfertigt. Und wem von den feinen Herren es nicht passt, er kann gerne gehen. Es wird sich bestimmt jemand finden, der für diesen Tarif gerne arbeitet.


    Das Ganze solltest Du natürlich schon auch vor dem Hintergrund sehen, dass Siemens in den letzten Jahren enorm Arbeitsplätze abgebaut hat. Das mag die Börse honorieren, die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens wird damit nicht automatisch gestärkt, zumal dann nicht, wenn für die Nieten in Nadelstreifen immer wieder ein warmes Plätzchen gefunden wird.


    Grüße aus dem rauhen Arbeitsleben


    tomcat

    After all is said and done there's a lot more said than done.

  • dafür gibt es nur ein wort:


    asozial


    mal sehen wen die melken, wenn es den konzern nicht mehr gibt

  • Das was Siemens hier gemacht hat was das Anpassen der Gehälter an die Marktsituation. Nicht mehr und nicht weniger.


    IG Metall und andere Gewerkschaften passen doch die Löhne Ihrer Arbeiter auch immer wieder an die Marktsituation an. Und auch da bleiben bei jeder Runde ein paar auf der Strecke.

  • Irgendwie seht ihr das also doch anders als ich (und somit so wie offensichtlich im Moment die Mehrheit). :D


    Zitat

    Original geschrieben von IGGY
    Also unsere Politiker haben Diäten zwischen 7000 bis 10.000 Euro im Durchschnitt. Also warscheinlich ein Tagesgehalt eines Siemens Manager. Und ob es weniger Verantwortung ist ein Land mit über 80 Millionen Bürgern zu führen glaub ich kaum. Ich mag zwar auch nicht mit unseren Politikern zufrieden sein, aber im Vergleich zu den Managern verdienen unsere Politiker nur Peanuts.

    Das ist richtig. Das hat aber erstens Politik so an sich, auch George Dabbeljuh bspw. verdient weit weniger als ein Vorstandsboss eines Unternehmens. Und zweitens verteilt sich da die Last auch auf 700 und mehr Politiker, da lässt sich schlecht einer rauspicken und sagen "Duuu bist schuld, dass es hier nicht mehr läuft.".


    Trotzdem ist es so, dass die Politiker (in ihrem Rahmen) sich ständig mehr und mehr Geld zuschieben. Selbst. Nicht andere geben es ihnen, sie beschließen es selbst. Sogar bei Siemens muss dies der Aufsichtsrat tun, in dem neben Ex-Boss v.Pierer auch die Gründerfamilie und Großaktionär Siemens sitzt.


    Zitat

    Original geschrieben von tomcat
    Einerseits hast Du sicher nicht Unrecht mit Deiner Aussage, dass die, die am lautesten schreien, "Haltet den Dieb!" rufen, während sie sich selber bedienen. Und es mag auch durchaus sein, dass die Gehälter am unteren Ende vergleichbarer Führungspositionen rangieren, und damit ungerechtfertigterweise weit unten.

    Wenigstens ein bisschen Zustimmung. :)


    Zitat

    Andererseits findest Du nur wenige Firmen, wo Brillanz und erbärmliche Unfähigkeit so nahe beieinander liegen. Nimm die Handysparte: irgendwie haben deren Manager es fertiggebracht, in nur zwei, drei Jahren aus einem Marktführer einen Zählkandidaten zu machen...

    Das ist richtig. Der Niedergang dort war keinesfalls "toll". Mit dem schlußendlichen "Verkauf" an BenQ war der Schritt zwar richtig, er wurde aber auch erst durch monate- oder jahrelanges Verpennen bei neuen Modellen notwendig.


    Ähnliches gilt bei der restlichen Com-Sparte, die zum 1.1.07 ja teils (Com Carrier) an die Nokia Siemens Networks GmbH und an eine andere GmbH-Tochter (Com Enterprise) ausgegliedert wird. Somit verliert Siemens im Grunde sein Gesicht. Wenn man jemanden fragt, was er mit Siemens verbindet, kommen die Antworten "Handy... hmmm... Telefone..." und dann evtl. noch "Waschmaschinen" oder ähnliches. In all diesen Bereichen ist Siemens entweder nicht mehr (Handys) oder nur noch mit 50%igen Töchtern (Telefone und Waschmaschinen) tätig. Schon bedenklich, richtig.


    Naja, trotzdem bin ich der Meinung, dass hier mit einer riesengroßen Doppelmoral geschimpft wird. Die Mitarbeiter nämlich, die es betrifft, nehmen den Schritt (leider?) sehr ruhig auf.


    VFBler
    Jucheee endlich mal Zustimmung. ;)

    Sie nannten ihn Trollfütterer.

  • Hallo,


    ich finds auch nur noch assozial, was die Manager bei Siemens sich da leisten.


    Zitat

    Andere Beispiele gefällig? Bitte sehr: Siemens besitzt jetzt die schnellste Elektrolok der Welt, ist andererseits aber nicht in der Lage, die fahrerlose U-Bahn, die sie der Stadt Nürnberg für die neue Linie U3 schon für 2005 versprochen haben, abzuliefern.


    Was Siemens in dem Bereich liefert ist reiner Schrott, zwei Beispiele:
    - Niederflurwagen der Düsseldorfer Rheinbahn, bedrohliche Karroserierisse die zu teilweisen Stilllegung der Züge führten, haben etliche Fahrzeuge zur Nachbesserung gebracht.
    - Der absoluter Oberklopper - SkyTrain am Düsseldorfer Flughafen ( Hängebahn zw. Flughafen Bahnhof und den Terminals) , der Schrott ist sein Inbetriebnahme keinen Monat Störungsfrei gelaufen. Mehrstündige bis mehrtägige Ausfälle, wo Fahrgäste auch aus den Zügen geholt werden musst, waren fast Alltag.
    Nun hat Siemens das Teil in mehreren Monaten totalsaniert und überarbeitet, das ging dann letzten Samstag wieder in Betrieb.
    Vorgestern wars dann wieder ein Beitrag im TV wert - Skytrain wieder stundenlang ausgefallen. Ich denke, da der Flughafen nun Siemens verklagen wird, angedroht haben die das bereits mehrfach.
    In Düsseldorf lacht man nur noch darüber und über Siemens, die dummerweise an der Völklinger Strassen ihren Sitz haben - allerdings TK-Sparte


    Wie hiess es schon damals bei uns in der Firma: " Nehmen wir was gutes oder muss es von Siemens sein "


    Zitat

    Mit dem schlußendlichen "Verkauf" an BenQ war der Schritt zwar richtig, er wurde aber auch erst durch monate- oder jahrelanges Verpennen bei neuen Modellen notwendig.


    Nur war der Kauf durch BenQ keine sonderlich gut überlegt Aktion, nicht umsonst denkt BenQ derzeit sehr laut drüber nach, die Handyproduktion komplett an eine externe Firma out-zu-sourcen. Das ist meist der erst Schritt zu Schliessung, den tiefrote Zahlen schreiben die immer noch.

  • Siemens ist aber doch kein Stahlkonzern oder? Wenn da die Karosserie reißt oder Haarrisse auftreten, passt doch etwas am Stahl nicht? Beim Transrapid ist da ThyssenKrupp dran schuld und bei den hiesigen Bahnen... keine Ahnung, aber Siemens macht doch "nur" Elektronik/Automatisierungstechnik o.ä.


    Die Grundgerüste kommen von extern?


    Zitat

    Nur war der Kauf durch BenQ keine sonderlich gut überlegt Aktion, nicht umsonst denkt BenQ derzeit sehr laut drüber nach, die Handyproduktion komplett an eine externe Firma out-zu-sourcen. Das ist meist der erst Schritt zu Schliessung, den tiefrote Zahlen schreiben die immer noch.

    Das mag durchaus sein, denn auch da läuft der Laden alles andere als gut. Trotzdem war es (für Siemens) aus finanzieller Sicht der einzig richtige Schritt, die (durch eigenes Verschulden) hochmiserable und mit eigenen Fähigkeiten nicht mehr rettbare Handy-Sparte für einen symbolischen Euro abzustoßen. Das war am Ende nur noch ein Milliardengrab.

    Sie nannten ihn Trollfütterer.

  • Der Kodex sollte doch sein: Was ich nicht hab - geb ich nich aus-


    Entschuldigt mal - was heißt denn hier anpassen ?


    Wenn ich 5000 Euro Soll aufm Kionto hab und 90% meiner Nachbarschaft verreist - muss ich das dann auch tun um mich denen anzupassen ?


    Gut Situierte Firmen mögen eine Anhebung des Geldes wohl verdienen- aber doch bitte nicht Siemens.


    Ich finds ne Frechheit - aber naja was sagte mein Geschichtslehrer?


    Die Deutschen würden selbst bei einer Revolution am Bahnhof noch die Tickets kaufen ;) .


    In Frankreich wäre es anders ausgegangen.



    Ich frag mich , warum die Mitarbeiter dieser Company nicht auf die Straße gehen - immerhin sitzen bald mehr als 5000 von denen auf der Straße.

  • Ich höre immer "Verantwortung".... :rolleyes:



    wenn's drauf ankommt, haben die doch eh keine Verantwortung zu tragen...

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