...und zwar völlig legal.
Zur Vorgeschichte:
Am kommenden Sonntag finden bei uns in M/V die Landtagswahlen statt.
Vergangene Woche landete bei uns ein Brief im Briefkasten, Absender "LV Mecklenburg-Vorpommern" mit einer Postfachadresse in Hagenow.
Dieser Brief war persönlich an meine Freundin adressiert!
Inhalt des Briefes war Wahlwerbung der NPD! Wie sich nun zeigt, kann ich froh sein, älter als 25 zu sein, ansonsten hätten die netten Damen und Herren von der NPD nämlich gleich noch einen Mitgliedsantrag beigelegt.
Natürlich stellten wir uns die Frage, wie denn die NPD an unseren Namen nebst Adresse kommt, gestern dann in der örtlichen Tageszeitung die Auflösung, die mich (und andere Einwohner) doch sehr nachdenklich macht:
OSTSEE-ZEITUNG.DE
Mittwoch, 13. September 2006 | Titelseite
Unerwünschte Post von der NPD
Junge Leute bis 25 ärgern sich dieser Tage über Werbematerial der NPD im Briefkasten. Rein rechtlich ist die Aktion legal.
Greifswald „Haben die eine Datenbank mit Adressen gekauft“, fragt sich Silvia H. empört. „Wir stehen nicht mal im Telefonbuch.“ „Die“, das ist die NPD, die jetzt junge Leute mit ihrer Post bedenkt. „Mein Freund und ich haben das Werbematerial gleich zerrissen“, erzählt die 24-Jährige. Die Post kam von der LV Mecklenburg-Vorpommern mit einer Postfachadresse in Hagenow.
„Wir wollen nicht, dass die NPD über 5 Prozent kommt und gehen jetzt erst recht wählen“, sagt Silvia H. Bei 20 und 25 Jahre alten Männern war sogar ein Mitgliedsantrag der rechtsextremen Partei war im Brief! „Mein Sohn ist erst 18, bekommt gleich von solchen Leuten Post“, ärgerte sich eine Greifswalderin am Telefon.
Bei der Polizeidirektion Anklam hatte man gestern noch nichts von solchen Aktionen gehört. Weil die NPD nicht verboten ist, könne man auch nichts dagegen tun, so Sprecher Hans-Joachim F.
„Uns war gestern gemeldet worden, dass ein Lautsprecherwagen der NPD durch die Stadt fährt, aber das hat sich nicht bestätigt“, berichtet der Leiter der Greifswalder Inspektion, Jens H. Anzeigen wegen der Werbepost gab es nicht. Die hätten keine Aussicht auf Erfolg. Alle Parteien dürfen sich in Wahlkampfzeiten vom Einwohnermeldeamt Namen und Adressen geben lassen. Sogar gefiltert nach bestimmten Zielgruppen. „Man muss widersprechen, wenn man keine Briefe bekommen will“, erinnert H.
Stadtsprecherin Bärbel L. kann das nur bestätigen. Ein solcher Hinweis wurde auch im Stadtblatt veröffentlicht. Von ihrem Widerspruchsrecht machten 1677 Greifswalder Gebrauch. Die NPD wollte die Adressen der 18- bis 25-Jährigen. Aus dieser Gruppe ließen 53 ein Sperrvermerk eintragen. Die Verwaltung sah keine Gründe gegen die Herausgabe der anderen Anschriften.
Auch die Linkspartei ließ sich Adressen junger Leute geben, so L. Alle anderen verzichteten. Früher habe es schon einmal eine Übereinkunft der Parteien zum Verzicht gegeben.
Vielleicht sollte die Stadt dann mal auch dafür sorgen, dass alle Einwohner das Stadtblatt (kostenlose Zeitung, die AFAIR monatlich erscheint) regelmäßig erhalten. Wir hatten sie letztes Mal jedenfalls nicht im Briefkasten. Warum die Möglichkeit eines Widerspruchsrechts zur Herausgabe der persönlichen Daten "nur" im Stadtblatt und nicht in der örtlichen Tageszeitung veröffentlicht wird, erschließt sich mir auch nicht wirklich.
Hier noch ein passender Leserbrief des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Karsten N.
OSTSEE-ZEITUNG.DE
Leserbrief von Karsten N. aus Schwerin | 14.09.2006 10:09 Uhr
Unerwünschte Post: legal und doch zu verhindern!
zu „Unerwünschte Post von der NPD“, OZ Mantel und Greifswald v. 13.09.06
"Woher haben die meine Anschrift?" fragten sich viele Bürgerinnen und Bürger in den letzten Tagen. Die Antwort der Ostseezeitung hat allerdings etwas unterschlagen: die Meldebehörden brauchen die Adressen nicht herauszugeben!
Die Meldebehörden dürfen Listen der Erstwähler vor Wahlen an alle Wahlbewerber herausgeben. Sie müssen aber nicht!
So verweigern bereits viele Gemeinden im Land eine Herausgabe der Wählerlisten völlig legal, wenn dies für alle Wahlbewerber gleichermaßen gilt. Wenn die Parteien die Herausgabe ganzer Adresslisten ihrer Bürger verhindern wollen, sollten die Gemeindevertretungen schnellstens für die nächsten Wahlen einen generellen Verzicht beschließen. Und auch der Bundes- und der Landtag sind gut beraten, die entsprechenden Vorschriften endlich aus den Meldegesetzen zu streichen.
Für Eltern und Freunde sollten diese Briefe aber vor allem Anlass sein, über die Bedeutung von Wahlen, die Ziele der Parteien, die Geschichte unseres Landes zu sprechen und am Sonntag erst recht wählen zu gehen.
Karsten N.
Landesbeauftragter für Datenschutz und
Informationsfreiheit
Tel.: XXXX-XXXXXX
Wie denkt ihr über ein derartiges Handeln der Meldebehören? Warum sollte der Bundes- bzw. Landtag hier aktiv werden und entsprechende Änderungen beschließen, wenn er sich damit im Endeffekt doch ins eigene Fleisch schneidet? Schließlich sprechen wir hier von Parteiwerbung!
Ich für meinen Teil ziehe die entsprechenden Konsequenzen. Eigentlich war das kommende Wochenende schon verplant, aber in Anbetracht der Vorgehensweise dieser Partei bei uns in der Hansestadt werde ich wählen gehen- und ganz bestimmt nicht die NPD...