nicht-aktivierten Vertrag nach 15 Tagen widerrufen?

  • Hallo zusammen!


    Über die Suche habe ich leider nichts zu einem "nicht-aktivierten" Vertrag gefunden, daher die Frage:


    Wenn ein Vertrag schon über die eigentlichen 14 Tage der Widerrufsfrist hinaus unterschrieben beim Händler liegt, der Vertrag aber noch NICHT aktiviert wurde - hat die Frist dann überhaupt schon begonnen?


    In den AGBs steht ja meist nur "mit der Ausführung der Dienstleistung", und dann werden Freischaltungen von SIM-Karten nur als Beispiel aufgeführt. Und mich interessiert nun, ob es auch schon als gewünschte Dienstleistung angesehen werden kann, wenn der Händler einen unterschriebenen Vertrag bei sich liegen hat, oder ob man diesen auf jeden Fall noch widerrufen kann?


    Danke.

  • Achso, sorry, das hatte ich vergessen zu erwähnen: Der Vertrag wurde mir als pdf zugemailt, ich habe ihn zu Hause ausgedruckt, ausgefüllt, unterschrieben und dann per Post zurückgeschickt.

  • Mit Erhalt der (gut lesbaren) Widerrufsbelehrung frühestens mit Erhalt der Sim-Karte beginnen die 14 Tage zu laufen. Allein, dass die Unterschrift beim Händler vor liegt hat nicht mit der Widerrufsfrist zu tun.

    offiziell von der TT-Administration bestätigter Troll

  • Ich halte das nicht für zutreffend.


    Erhalt der SIM als Erfordernis für Fristbeginn würde einen Vertrag über die Lieferung von Waren voraussetzen. Das ist ein Mobilfunkdienstvertrag nicht.


    Der Fristlauf kann vielmehr dann beginnen, wenn ordnungsgemäß belehrt wurde und der Unternehmer seine Informationspflichten nach § 312c BGB erfüllt hat, wobei fristauslösendes Ereignis bei kumulativem Vorliegen obiger Erfordernisse im Rahmen von Dienstleistungen nach § 312d II a.E. BGB der Vertragsschluss ist. Fristende also 14 Tage nach Annahme durch den Provider.



    Wenn der Unternehmer ("nur") seinen Informationspflichten nach § 312c II BGB nicht nachgekommen ist, beginnt zwar die Frist nicht, das Widerrufsrecht erlischt jedoch nach 6 Monaten nach Vertragsschluss.


    Wenn die Belehrung nicht oder nicht ordnungsgemäß, z.B. nicht in Textform erfolgt ist, dann erlischt das Widerrufsrecht gar nicht.


    (Gelyncht gehört Derjenige, der die §§ 312d, 355 formuliert hat :D Ich hoffe Obiges stimmt, es ist schon spät...)


    Wurde die Belehrung erst nach Vertragsschluss vorgenommen (Form!), beträgt die Frist 4 statt 2 Wochen. So ist eine Belehrung auf einer Webseite nicht ausreichend, in einer email dagegen schon.



    Wenn der Vertrag noch gar nicht aktiviert wurde, der Händler der nicht Empfangsverterter des Providers ist also das Angebot des Kunden auf Abschluss eines Mobilfunkdienstleistungsvertragesdes noch gar nicht an den Provider weitergeleitet hat, es also am Zugang fehlt, wäre ohnehin ein Widerruf nach allgemeinen Regeln (§ 130 I 2 BGB) die erste Wahl.

    Er war Jurist - und auch sonst von mäßigem Verstand. | PN zu Rechtsthemen werden nicht beantwortet.

  • Hallo Booner,
    danke für deine Ausführliche (und meiner Meinung absolut zutreffende) Erklärung!


    Einen Punkt habe ich aber nicht verstanden bzw. kannst du mir hierzu die Grundlage nennen?


    "beträgt die Frist 4 statt 2 Wochen"


    Da im Versandhandel mit Mobilfunk z.T. der Vertrag vor Übergabe der Ware geschlossen wir (ebenso wie beim herkömmlichen Kaufvertrag z.B. bei Amazon)
    scheint mir diese Aussage praktisch nicht umsetzbar.
    Aus meine Studium weis ich das die Belehrung nicht z.B. in den AGB erklärt vorgenommen werden darf aber ein Zettel im Paket mit welchem die Ware ausgeliefert wird sollte zur Fristwarung (14 Tage ab Belehrung) ausreichen.

    Dieser Eintrag wurde 624 mal editiert, zum letzten mal um 11:24 Uhr


  • Steht so in § 355 II 2 BGB. Ich muss auch jedesmal länger nach dieser Regelung suchen, seltenso eine dämliche Gesetzessystematik wie bei den Fernabsatzregeln gesehen ;)


    Umsetzbar ist eine "nur" 14tägige Frist im Versandhandel schon, man sollte dem Verbraucher halt vor Vertragsschluss, also i.d.R. vor Versandauslösung eine email mit Widerrufsbelehrung schicken - dann ist die Textform unstreitig gewahrt. Nach h.M. stellen AGB auf einer Webpage keine Textform dar, da es eben an der dauerhaften Speicherung auf einem Datenträger fehlt. Dem Verbraucher die Pflicht aufzuerlegen, die AGB lokal zu speichern soll ist nach h.M. ebenfalls unzulässig.


    Ein Zettel im Paket kann m.E. höchstens die Monatsfrist auslösen, es sei denn, der Vertrag soll ausdrücklich erst mit Übergabe der Ware zustande kommen.


    Problematisch ist es eher, wenn die Belehrung in einem Zug, also z.B. in einer email mit der Auftragsbesätigung erfolgt. Aber wahrscheinlich ist das ein "bei", und nicht ein "nach" Vertragsschluss.

    Er war Jurist - und auch sonst von mäßigem Verstand. | PN zu Rechtsthemen werden nicht beantwortet.

  • Hm... ich meine schon einmal irgendwo gelesen zu haben, dass das mit der dauerhaften Speicherung mittlerweile auch von Fall zu Fall unterschiedlich gesehen wird (die Formulierung "dauerhafte Speicherung" ist unstrittig, ich meine jetzt deren Auslegung).


    Mich persönlich betreffend hat sich die Sache erledigt, weil ich schon die schriftliche Bestätigung des Widerrufs vom Händler bekommen habe, da ist also alles in Butter.


    Generell (für zukünftige Abschlüsse, Käufe etc.) aber trotzdem ein interessantes Thema ;)

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