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Wer Kurznachrichten auf dem Handy einfach zu kurz findet, kann die Zeichenzahl mit einer neuen Java-Software mehr als verdoppeln. Je nach Text passen so bis zu 400 statt der üblichen 160 Zeichen in eine SMS.
Kürzer ist besser, sagen sich viele SMS-Tipper und kommunizieren untereinander mit bizarren Abkürzungen. BABS heißt beispielsweise "Bin auf Brautsuche". Gebettelt wird mit BSE (Bin so einsam); die direkte Anmache lautet ZUMIOZUDI (Zu mir oder zu dir?). War das Werben von Erfolg, steht vielleicht ein paar Wochen später DUWIPA! im Display - übersetzt: Du wirst Papa!
Doch nicht jeder steht auf solche pubertären SMS-Codes. Es soll hierzulande auch echte Liebhaber der deutschen Sprache geben, die gleichwohl gern simsen. Wie Vinh Phuc Dinh und Jonas Reinsch, zwei Informatikstudenten von der Universität Karlsruhe. Doch die SMS ist für epische Ergüsse denkbar ungeeignet: Bei 160 Zeichen ist Schluss.
Die beiden Studenten hätten gern öfter längere Texte geschrieben, ohne deshalb gleich die Kosten für zwei oder drei SMS bezahlen zu müssen. So kamen sie auf die Idee, den Text vor dem Versand zu komprimieren.
Für PCs ist das kein Problem. Moderne Packsoftware dampft herkömmliche Texte locker bis auf ein Zehntel der ursprünglichen Größe ein. Theoretisch könnte eine Kurznachricht also 1600 Zeichen umfassen - in der Wahrnehmung eines SMS-Tippers fast schon ein Roman.
Doch was auf einem hochgerüsteten PC mit gigantischem Arbeitspeicher problemlos klappt, stellt moderne Handys (noch) vor eine unlösbare Aufgabe. Der verfügbare Speicher ist einfach zu gering für hocheffiziente Kompressionsalgorithmen.
Packen, Schrumpfen, Eindampfen
So mussten Dinh und Reinsch einen solchen Textpacker erst der Handy-Umgebung anpassen. Sie entschieden sich für PPM (Prediction by Partial Matching) - ein Algorithmus, der eigentlich 20 Megabyte erfordert, aber nach der Modifizierung nur noch 400 Kilobyte benötigt. Um das Programm zu optimieren, analysierten die beiden Studenten die Sprache in Hunderten SMS ihrer Freunde. "Die Leute schreiben SMS anders als E-Mails", sagte Dinh im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE.
Das Prinzip von PPM ist simpel: Wenn man die auf einen oder mehrere Buchstaben folgenden Zeichen gut vorhersagen kann, dann sind nur wenige Informationen zur Übertragung nötig. Letztlich schätzt das Programm die Wahrscheinlichkeit des Auftretens des nächsten Eingabesymbols. Aber auch Wiederholungen eines Wortes im Text werden erkannt und zur Datenreduktion genutzt.
Das Java-Programm ZipSMS läuft nur auf moderneren Handys, etwa dem Nokia 6230, dem K750i von SonyEricsson und dem Motorola Razr V3. Damit das Simsen in der Langversion auch funktioniert, muss auf beiden beteiligten Handys die Software installiert sein.
Tipper brauchen auf jeden Fall einen gut trainierten Daumen, wenn sie ZipSMS benutzen. Denn 370 Zeichen, die bei einem Test problemlos erreicht wurden, sind eine Menge Holz. Immerhin verwendet ZipSMS die beliebte Eingabehilfe T9 - sonst wären die Langnachrichten eine einzige Tortur.
Sender und Empfänger brauchen das Programm
Im Display wird während des Tippens angezeigt, wie viel Platz der bisher eingegebene Text verbraucht. Da steht dann beispielsweise 165 Zeichen/48 Prozent - das heißt, die bisher 165 Zeichen belegen 48 Prozent des maximal möglichen Speicherplatzes.
Wie viele Zeichen letztlich in eine ZipSMS passen, hängt vom verwendeten Vokabular ab. Ungewöhnliche Wörter, Begriffe aus anderen Sprachen und Satzzeichen verringern laut Dinh die Kompressionsrate. "Am besten funktioniert das Programm, wenn man Umgangssprache benutzt", erklärt er.
Schickt man eine komprimierte SMS an ein Handy, auf dem ZipSMS nicht installiert ist, dann besteht der Inhalt der Nachricht aus nicht entzifferbaren Sonderzeichen. Hat der Empfänger das Programm hingegen auf seinem Handy, dann wird eine eingehende komprimierte Nachricht automatisch erkannt, entpackt und angezeigt.
23,5 Milliarden SMS im Jahr 2004
"Wir sind nach unseren Recherchen der erste Anbieter von komprimierten SMS", sagt Dinh. Die dafür notwendige Java-Bibliothek JSR 120 sei erst seit etwas mehr als einem Jahr verfügbar. ZipSMS nutzt beim Nachrichtenempfang einen anderen Port als Standard-SMS, weshalb das Programm komprimierte Nachrichten leicht erkennen kann. Preislich besteht zwischen Lang- und Kurznachricht kein Unterschied.
Für Mobilfunkanbieter sind SMS ein erstklassiges Geschäft. 2004 wurden in Deutschland 23,5 Milliarden Kurznachrichten verschickt, die häufig 15 Cent und mehr kosten. Angesichts der geringen Datenmenge von nur 160 Zeichen machen die Anbieter riesige Gewinne: Müsste man für Handytelefonate den gleichen Preis für ein übertragenes Kilobit bezahlen wie bei einer SMS, käme man auf Minutenpreise von mehreren Hundert Euro.
Mit der Software der zwei Karlsruher Studenten kann man den SMS-Preis zwar nicht drücken, aber immerhin deutlich mehr Text in eine Nachricht packen. Das Java-Programm kostet derzeit 4 Euro pro Handy, wer gleich zwei Lizenzen auf einmal bestellt, bezahlt zusammen 5 Euro.