staatliche Misswirtschaft, heutiges Opfer: BKK Mobil Oil & Kunden

  • Ich gehe mal davon aus, dass mehrere der hier Mitlesenden bei der Wahl der Krankenversicherung sich für die BKK Mobil Oil entschieden haben, schliesslich sind dort die Beiträge mit 11.2% extrem günstig. Grund hierfür mag zum einen sicherlich sein, dass die Versichertenstruktur mit überdurchschnittlich vielen jungen, häufig akademischen Versicherten günstig ist, d.h. wenig Krankheitsfälle auftreten. Andererseits kann man der Behauptung der Versicherung auch Glauben schenken, dass sie wohl mit den verfügbaren Mitteln besser wirtschaftet als das bei den bürokratischen Groß-GKVs der Fall ist.


    Leider ist zum Thema Mobil Oil nun Folgendes zu Lesen:


    Gigantische Umverteilung durch Finanzausgleich (RSA) Weg in eine überteuerte Einheitsversicherung?



    Der Verwaltungsrat der BKK MOBIL OIL hat im September eine Beitragssatzanpassung von 11,2 auf 12,2 Prozent beschlossen. Ein zuvor eingereichtes Finanzkonzept mit einem allgemeinen Beitragssatz von 11,9 Prozent wurde vom Bundesversicherungsamt (BVA) aus "grundsätzlichen" Erwägungen für "nicht genehmigungsfähig" angesehen. Laut BVA wird es keine Krankenkassen mit einem Beitragssatz von unter 12,0 Prozent mehr geben.


    Das BVA ordnete am 24.9.2002 einen Beitragssatz für die Versicherten der BKK in Höhe von 12,8 Prozent zum 1. Oktober 2002 an. Diesen hält die BKK MOBIL OIL für unbegründet und überhöht; daher wird die Anordnung zur Zeit vor dem Landessozial-gericht Niedersachsen beklagt.


    Die Verwaltungskosten der BKK MOBIL OIL betragen nur 2 Prozent der Beitragseinnahmen (ca. 70 Prozent unter denen der großen Orts- und Ersatzkassen). Die BKK hat mit durchschnittlich weniger als 2 Prozent eine einmalig niedrige Krankenstandsquote in Deutschland. Die BKK MOBIL OIL gehört, als viertgrößte Betriebskrankenkasse, zu den effizientesten und wirtschaftlichsten Krankenkassen in Deutschland.


    So konnten die Mitglieder der BKK MOBIL OIL bisher mit einem seit 1997 stabilen Beitragssatz von nur 11,2 Prozent rechnen (Memo: 1993 bis 1996 11,6 Prozent). Der Beitrag wurde immer langfristig kalkuliert.


    Bei einer Erhöhung auf 12,8 Prozent würde im nächsten Jahr das höchstzulässige Vermögen überschritten werden. Dies hätte eine
    Beitragssatzsenkung zur Folge.


    Im August zeichnete sich ab, dass das Geschäfts-/ Rechnungsergebnis 2002 der BKK MOBIL OIL keinen Überschuss der Einnahmen ausweisen würde.


    Der größte Belastungsfaktor für die effizient geführte BKK MOBIL OIL sind jedoch die jährlichen Subventionslasten für den Risikostrukturausgleich (RSA) – seit 1994. Inzwischen werden 65 Prozent der Beitragseinnahmen in diesen Finanzausgleich abgeführt, der überwiegend den finanzschwächeren Ortskrankenkassen (wie der AOK "Gesundheitskasse" – mit einem selbst zu verantwortenden überproportionalen Verwaltungskostenanteil) zufließt.


    Ohne diese Zahlungen läge der allgemeine Beitragssatz der BKK MOBIL OIL bei 4,1 Prozent!


    In diesem Jahr ist zu den Stürmen in der Gesetzgebung (z. B. Aufhebung des Arzneimittelbudgets) und der gigantischen Umverteilung zu Gunsten der "notleidenden" Empfängerkassen im August auch noch der Hochrisikopool hinzugekommen. Trotz des immer größer werdenden Subventionsvolumens sind bei der anderen Kassenart seit 1994 keine Beitragssatzsenkungen festzustellen.


    "Im Interesse unserer Mitglieder werden wir diese eklatante Wettbewerbsverzerrung anprangern und wettbewerbsrechtlich prüfen lassen", versichert Vorstand J. Bollhorn.


    Sobald entschieden ist, in welcher Höhe eine Beitragssatzanpassung erfolgt, werden die Mitglieder der BKK MOBIL OIL schriftlich informiert.


    Hamburg, der 06.10.2002


    Quelle:
    http://www.bkk-mobil-oil.de/do…ssatzanpassung2002100.pdf


    Schönen Dank auch wieder für dieses Wahlgeschenk, der
    [URL=http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,218010,00.html]Rentenbeitrag[/URL] steht auch mal wieder zu Diskussion.


    Nicht dass ich grundsätzlich das Solidarprinzip bei der Krankenversicherung in Frage stelle, aber wie lange brauchen die denn noch, um zu kapieren, dass hier richtige Reformen notwendig sind, nicht nur die alltäglichen Flickschustereien.


    Soviel schon jetzt zum Thema
    erstmal abwarten, bis Entscheidungen gefallen sind...

  • Eine Wettbewerbsverzerrung ist das auf jeden Fall. Der durchschnittliche Satz für die Verwaltungskosten aller Kassen liegt bei ca. 5%.


    Als Info mal so am Rande: Die Aufwendungen der Krankenkassen für die Behandlung durch die Kassenärzte sind sowieso bei allen gleich. Die Krankenkassen zahlen ja nicht für die Behandlung, sondern pauschal je Mitglied einen Kopfbeitrag an die Kassenärztlichen Vereinigungen. Diese verteilen das dann nach einem durchaus komplizierten Schlüssel an die Kassenärzte.
    Das sind dann ca. 15% des Umsatzes der Krankenkassen.


    Teurer sind Krankenhauskosten und Arzneimittel. Dafür geht über die Hälfte der Einnahmen drauf. Bei den günstigen BKK ist dann immer noch als größter Einzelposten die Risikostrukturumlage dabei.


    Mich wundert nur das die AOK, die ja am meisten von anderen Kassen profitiert, dann auch noch Werbung machen darf. Die BKK zahlen indirekt die Werbung, mit der versucht wird ihnen die Mitglieder abzuwerben.

  • Ihr beschwert euch über die Verwaltungskosten, aber was ihr damit wirklich erreicht, ist eine Abkehr vom Ausgleich zwischen den Krankenkassen. Der ganze Artikel suggeriert, dass der Ausgleich unfair ist und es besser sei, wenn die BKK Mobil Oil mit ihren gut verdienenden und gesunden Versicherten alleine wär und die Kranken und sozial Schwachen in einer anderen Kasse blieben. Armes Deutschland!

  • Hi,


    das mit der Mobil-Oil ist so eine Sache. Sicher, sie waren (fast) die günstigsten. Aber wenn man versucht hat bei denen telefonisch durchzukommen war da nicht ganz einfach und ein paar andere Sachen wollen wir jetzt mal nicht ansprechen.


    Der RSA ist halt so ne Sache. Ich arbeite selbst bei einer größeren deutsch BKK und wir drücken auch "ne ganze Menge" ab. Wie viel genau kann ich nicht sagen und darf es glaub auch net aber wenn ich 10 T68i hätte müsste ich glaub 6,66 abgeben in den RSA Topf. Sicher, man bekommt für die Familienversicherten wieder einen Teil raus aber das macht das Kraut nicht so fette.


    Die Mobil-Oil ist bestimmt nicht die schlechteste kasse (Hallo in die AOK ;) ) aber es gibt ja auch noch andere BKK's deren Beitragssätze ziemlich gering sind und bei denen alles schon ein bisschen besser funktioniert (die Mobil-Oil ist hat noch kräftig beim aufbauen, verständlich.)


    MfG, Snem.

  • Zitat

    Original geschrieben von Aronia
    Ihr beschwert euch über die Verwaltungskosten, aber was ihr damit wirklich erreicht, ist eine Abkehr vom Ausgleich zwischen den Krankenkassen. Der ganze Artikel suggeriert, dass der Ausgleich unfair ist und es besser sei, wenn die BKK Mobil Oil mit ihren gut verdienenden und gesunden Versicherten alleine wär und die Kranken und sozial Schwachen in einer anderen Kasse blieben. Armes Deutschland!


    Armes Deutschland? Ja, in der Tat.


    Hättest du meinen Beitrag bis zum Schluss gelesen, hättest du auch mitbekommen, worum es mir geht. Die Solidarität soll nicht über den Haufen geworfen werden, aber der Umfang und v.a. das wie muss sich ändern. Und dazu gehört neben etlichen anderen Reformen auch der Bereich Gesundheit und Krankenkassen. Sinnvolle Vorschläge gibt es genug, nur traut sich keiner, mal wirklich etwas zu verändern.

  • Zitat

    Original geschrieben von Joe2

    Hättest du meinen Beitrag bis zum Schluss gelesen, hättest du auch mitbekommen, worum es mir geht. Die Solidarität soll nicht über den Haufen geworfen werden, aber der Umfang und v.a. das wie muss sich ändern. Und dazu gehört neben etlichen anderen Reformen auch der Bereich Gesundheit und Krankenkassen. Sinnvolle Vorschläge gibt es genug, nur traut sich keiner, mal wirklich etwas zu verändern.


    Ich habe Deinen Beitrag bis zu Ende gelesen. Nur hörte sich Deine Bemerkung so an, als wenn Du zwar als Alibi die Solidarität nicht ganz über den Haufen werfen willst, aber eigentlich etwas weniger Solidarität gut fändest. Deinen Beitrag jetzt verstehe ich genauso. Genau das ist die schlechende Abschaffung des Solidaritätsprinzips.
    Es ist jetzt schon so, dass Menschen mit weniger Geld eine schlechtere Behandlung bekommen. Was willst Du da noch reduzieren? Jede weitere Reduzierung der Leistung der sozial schwachen zu gunsten der Besserverdienenden ist IMHO unmenschlich, deswegen auch armes Deutschland!

  • Zitat

    Original geschrieben von Aronia
    ...Es ist jetzt schon so, dass Menschen mit weniger Geld eine schlechtere Behandlung bekommen. Was willst Du da noch reduzieren? Jede weitere Reduzierung der Leistung der sozial schwachen zu gunsten der Besserverdienenden ist IMHO unmenschlich, deswegen auch armes Deutschland!


    Die Äußerung entbehrt nicht einer gewissen Polemik, die man aber leider in diesem Zusammenhang immer öfter auch von den Medien bzw. den Politikern zu hören bekommt:
    Die Tatsache, dass die vorhandenen Mittel besser eingesetzt werden könnten, wird so gut wie nie thematisiert. Gerade im KK-Bereich bestehen noch extrem viele bürokratische Ungeheuer, in denen vielen Geld verbraten wird, ohne dass ein Patient beim Arzt gewesen ist. Aber schliesslich ist es ja auch leichter, einen öffentlichen Hilferuf nach mehr Geld unter Hinweis auf die Solidaritätspflicht zu platzieren, zumal die Regierung die eigene (meist sozial schwache) Klientel nicht vor den Kopf stossen will, als im eigenen Hause zu versuchen, die vorhandenen Gelder effizienter zu nutzen. Dies ist übertragbar auf verschiedenste Bereiche, in denen Bürokratie und mehr oder weniger Planwirtschaft vorherrschen. Aber so erhält man sich seine potenziellen Wähler fürs nächste Mal...


    Schönheitsfehler: sobald man Kritik äußert, erfolgt der Vorwurf der Verabschiedung vom Solidaritätsprinzip, dass m.M. in sämtlichen Bereichen der politisch bestimmten Abgaben/Steuern bereits arg strapaziert wird, angefangen beim Steuersystem über die Rente und den Osten bis hin zur hier genannten Krankenversicherung. Für mich ein bisschen platter und oberflächlicher Vorwurf.

  • Zitat

    Original geschrieben von Aronia
    Ihr beschwert euch über die Verwaltungskosten, aber was ihr damit wirklich erreicht, ist eine Abkehr vom Ausgleich zwischen den Krankenkassen. Der ganze Artikel suggeriert, dass der Ausgleich unfair ist und es besser sei, wenn die BKK Mobil Oil mit ihren gut verdienenden und gesunden Versicherten alleine wär und die Kranken und sozial Schwachen in einer anderen Kasse blieben. Armes Deutschland!


    So ein Blödsinn. Für die BKK Mobil Oil wäre es garantiert günstiger, wenn sie chronisch kranke Frührentner hinzugewinnen könnten (und damit geringere Zahlungen in den Risikostrukturausgleich leisten müßten). Der Risikostrukturausgleich kostet die doch erheblich mehr als die Krankheitskosten für Ihre Versicherten!


    Auch die Kranken und sozial Schwachen können in die BKK wechseln. Es gibt allerdings viele Leute, für die ist ein Palast um die Ecke (die AOK nennt sowas Geschäftsstelle) sehr wichtig. Ich weiß garnicht, was man überhaupt persönlich bei der Krankenkasse erledigen muss. Wieder andere brauchen "ihre" Geschäfstsstelle auf Mallorca!
    Das kostet natürlich Geld, warum sollen die dann nicht dafür mehr zahlen?


    Gruß


    Pitter

  • Zitat

    Original geschrieben von Aronia
    Nur hörte sich Deine Bemerkung so an, als wenn Du zwar als Alibi die Solidarität nicht ganz über den Haufen werfen willst, aber eigentlich etwas weniger Solidarität gut fändest. Deinen Beitrag jetzt verstehe ich genauso. Genau das ist die schlechende Abschaffung des Solidaritätsprinzips.
    Es ist jetzt schon so, dass Menschen mit weniger Geld eine schlechtere Behandlung bekommen. Was willst Du da noch reduzieren? Jede weitere Reduzierung der Leistung der sozial schwachen zu gunsten der Besserverdienenden ist IMHO unmenschlich, deswegen auch armes Deutschland!


    Die gesetzlich Versicherten erhalten die gleichen Leistungen, egal ob sie in einer AOK, Ersatzkasse oder einer BKK sind. Es geht hier nicht um eine Reduzierung der Leistung/Behandlung. Wenn es wie in diesem Falle einen Ausgleichtopf gibt, der 65 % der Einnahmen einer Versicherung nicht deren Versichtern sondern anderen Versicherungen zukommen lässt, wird es absurd. Zumal wenn diese "Anderen" keine Probleme damit haben, "ihr" Geld zu verschleudern, z.B. für Werbeprämien. Hast Du z.B. schon mal eine Werbung der BKK Mobil Oil oder irgend einer anderen BKK im Fernsehen gesehen?
    Von der AOK gibt es sowas, ist ja auch einfach, wenn man sich das von anderen gesetzlichen Krankenkassen bezahlen lässt.


    Gruß


    Pitter

  • Gut, wenn man das so sieht wie in den letzten zwei Beiträgen geschrieben, dann macht es Sinn. Ich finde aber trotzdem, dass man bei sowas sehr vorsichtig sein muss, denn wir leben nun mal in einer Zeit, in der es immer mehr Reiche und immer mehr Arme gibt und die Verstärkung dieses Trends gerne mit unausweichlichen Notwendigkeiten (die natürlich keine sind) betrieben wird. Daher ist es IMHO auf jeden Fall notwendig, dass man, wenn man über dieses Thema redet und den Risikoausgleich kritisiert, das Thema sehr differenziert angeht und nicht nur einfach auf den Ausgleich schimpft.

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