Interpretation einer Verkehrssituation - Rechtslage?

  • Moin,


    auf meinem täglichen Arbeitsweg in ein reines Gewerbegebiet am Stadtrand, befahre ich auf den letzten 1,5 Kilometern eine Ausfallstrasse, zweispurig, autobahnähnlich, ohne Tempolimit.


    Richtung Gewerbegebiet gibt es drei Ausfahrten, jeweils ca. ein Kilometer Abstand, bei der ersten herrscht Tempolimit 80, bei der zweiten 100, direkt hinter der zweiten sind jegliche Verbote aufgehoben. An dieser Stelle fahre ich i.d.R. 120 und beschleunige auf etwa 160 bis ich abbiegen muss.


    Da es sich um eine reine Pendler-Strecke handelt, ist der allgemeine Fahrstil eher "zackig", mit dem auch die meisten umgehen können.


    Morgens bin ich eigentlich immer eher spät dran und lass es dementsprechend "laufen". Auf untenstehender Grafik habe ich mal illustriert, wie die typische morgendliche Situation aussieht. Die Zahlen in den detailreich abgebildeten Fahrzeugen geben die Geschwindigkeit an. "Meine" Ausfahrt ist gleichzeitig eine Auffahrt und durchgehend miteinander verbunden. Oft kommt es vor, dass ich (graues Klötzchen ...äh... Fahrzeug) früh einschere und so auf der Straße langsamer fahrende "rechts überhole", um dann auszurollen und abzubremsen, sodass ich mit ca. 60 in die Kurve gehe.


    Unter der Woche klappt das auch immer vorzüglich. Heute ist es mir schon zum wiederholten mal (nur am Wochenende) passiert, dass ich dabei von dem "rechts überholten" (in der hochwertigen Grafik das blaue Fahrzeug) wild gestikulierend angehupt werde - ich hupe dann zurück und winke freundlich.


    Aber ist das Hupen berechtigt? Mache ich was falsch? Meiner Meinung nach eigentlich nicht - unter der Woche im Berufsverkehr interessiert mein Fahrstil auch niemanden, nichtmal die Ordnungshüter. Auf dem Beschleunigungsstreifen darf ich rechts "überholen". Selbiges müsste doch auch für den Verzögerungsstreifen gelten, besonders, wenn dieser vom Beschleunigungsstreifen nicht getrennt ist.


    Also: Gebt's mir! :D




    Stefan

  • Re: Interpretation einer Verkehrssituation - Rechtslage?


    Zitat

    Auf dem Beschleunigungsstreifen darf ich rechts "überholen". Selbiges müsste doch auch für den Verzögerungsstreifen gelten, besonders, wenn dieser vom Beschleunigungsstreifen nicht getrennt ist.


    Und exakt das ist falsch.
    Auf dem Verzögerungsstreifen darf nicht überholt werden.
    Quelle reiche ich bei Bedarf nach.


    Carsten

  • "Spielt" das innerorts oder außerorts?


    Innerorts darf man auf mehrspurigen Straßen auch rechts überholen, ebenso auf Beschleunigungsstreifen generell - nicht aber auf Verzögerungsstreifen. Das ist also eine haarspalterische Angelegenheit, ob/was hier Beschleunigungs- und was Verzögerungsstreifen ist. ;)

  • Re: Re: Interpretation einer Verkehrssituation - Rechtslage?


    Zitat

    Original geschrieben von Carsten
    (...)Auf dem Verzögerungsstreifen darf nicht überholt werden.
    (...)


    Aber wo fängt der Verzögerungsstreifen an und hört der Beschleunigungsstreifen auf? Wird der Beschleunigungsstreifen automatisch zum Verzögerungsstreifen, wenn ich die Bundesstrasse verlasse? Ich beschleunige ja auch nicht mehr, sondern lasse ausrollen und bremse ab.


    Und was ist dann auf einer Autobahnausfahrt? "Meine" Ausfahrt besitzt eine etwa 500m lange Parallelfahrbahn zur AB; welche durch eine Leitplanke abgetrennt ist. Ein Tempolimit besteht nicht. Also dürfte ich demnach auch auf dieser Parallelfahrbahn max. 79 fahren, wenn auf der AB ein LKW neben mir unterwegs ist?



    Zitat

    Original geschrieben von andi2511
    "Spielt" das innerorts oder außerorts?


    Es handelt sich um eine Bundesstrasse - ab der ersten Ausfahrt verlasse ich die Stadt und fahre wieder in die Stadt, wenn ich den Scheitelpunkt der Kurve in der Ausfahrt hinter mir lasse. Links und rechts von der Bundesstrasse ist aber "innerorts".



    Stefan

  • Google spuckte nach kurzer Suche das aus:


    Zitat § 42 Abs. 6 Nr. 1f StVO:


    "Gehen Fahrstreifen, insbesondere auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen ab, so dürfen Abbieger vom Beginn der breiten Leitlinie rechts von dieser schneller als auf der durchgehenden Fahrbahn fahren. Das gilt nicht für Verzögerungsstreifen."


    (ist aus einen anderen Forum, die passende Stelle der STVO gibt es hier )


    Das hab ich auch noch nicht gewusst - dachte alle mit breiteren Linien abgetrennten Fahrbahnen würden gleich behandelt.

  • Re: Re: Re: Interpretation einer Verkehrssituation - Rechtslage?


    Zitat

    Original geschrieben von Stefan
    Aber wo fängt der Verzögerungsstreifen an und hört der Beschleunigungsstreifen auf? Wird der Beschleunigungsstreifen automatisch zum Verzögerungsstreifen, wenn ich die Bundesstrasse verlasse? Ich beschleunige ja auch nicht mehr, sondern lasse ausrollen und bremse ab.


    So würde ich das definieren.
    Je nach Nutzung ist es dann eben entweder ein Beschleunigungs- oder Verzögerungsstreifen.

    Zitat

    Original geschrieben von Stefan
    Und was ist dann auf einer Autobahnausfahrt? "Meine" Ausfahrt besitzt eine etwa 500m lange Parallelfahrbahn zur AB; welche durch eine Leitplanke abgetrennt ist. Ein Tempolimit besteht nicht. Also dürfte ich demnach auch auf dieser Parallelfahrbahn max. 79 fahren, wenn auf der AB ein LKW neben mir unterwegs ist?


    Hier liegt ja eindeutig eine bauliche Trennung vor, ergo ist es kein Überholen.

  • Abgesehen von der Rechtlichen Lage, wirst du wohl angehupt, weil der Fahrer auf der rechten Fahrspur wohl neidisch ist.


    Ich hab jetzt schon desöfteren Mitfahrer gehabt, die zu mir meinten, das wäre unmögich, wenn man so fährt. Ich finde es ganz normal. Wieso soll ich auf der Autobahn 1000 m vorher schon auf die Rechte Spur wechseln, mich dort bis 80 runterbremsen lassen, um dann nach 1 km erst abbiegen zu können? Da fahre ich doch lieber bis zum Ende durch, nutze eine Lücke und fertig. Klappt bisher immer ohne jemanden zu gefährden.


    Mein Tipp: Ignoriere das Hupen.

  • Die Gefährlichkeit des Mannövers liegt einfach darin, das der blaue Wagen sich doch noch entschließen könnte, die Ausfahrt zu benutzen, vielleicht hat er gepennt oder kennt sich nicht aus....


    Er rechnet nicht damit, das ihn jemand an dieser Stelle überholt, weil es unüblich ist, das man auf der rechten Spur mit >120 von einem auffahrendem überholt wird (den hätte er ja auch beim vorbeifahren der Auffahrkurve gesehe) und daher kann es schnell knallen...


    Solche Überholdinger sind imho einfach unnötig, weil sie kaum was bringen.


    Noch gefährlicher ist das Pedant zu dem von dir geschildertem Fall:
    3 Autos hinter einem schwerbeladenem LKW der nicht aus den Füßen kommt und das alles auf der Auffahrspur.
    Die PKW's ärgern sich das es nicht weitergeht, scheren früh auf die rechte und dann - weil man ja Platz für den LKW lassen möchte, direkt mit 70 auf die mittlere Spur.

  • äh... da kommt man ja mächtig in bedrängnis, wenns für den einen von der autobahn ein verzögerunsstreifen ist und für den anderen aber ein beschleunigungsstreifen.


    denn: derjenige, der den beschleunigungsstreifen benutzt, darf (IMHO) auch rechts überholen und z.t. sogar die angegebene höchstgeschwindigkeit, geringfügig, zum einordnen, überschreiten.


    aber derjenige, der eben diesen streifen als verzögerungsstreifen nutzt, bremst wohlmöglich ab, um die ausfahrtsgeschwindigkeit zu erreichen.


    laut skizze würde das so aussehen:
    stefan kommt von der autobahn und hat eine geschwindigkeit von rund 160km/h drauf. er zieht auf den verzögerungsstreifen rüber und soll dabei nicht, den nun links fahrenden wagen mit 120km/h überholen und bremst entsprechend ab.
    gleichzeitig kommt nun aber einer und will diese spur als beschleunigungsstreifen nutzen und gibt gas. dann kommt einer von links angeschossen und bremst direkt vor ihm ab...


    ich erlebe diese situation sehr oft in berlin auf der stadtautobahn zwischen zufahrt alboinstraße und ausfahrt tempelhofer damm. für mich ist dies ein beschleunigungsstreifen, für die anderen ein verzögerungsstreifen.
    dabei muss ich innerhalb vom ersten drittel das autobahntempo erreichen, um nicht mit den ausfahrenden im letzten drittel der spur aneinander zu geraten. jedoch gibt es hin und wieder einige spezis, die schon im ersten drittel von der autobahn auf meine spur mit 70, oder gar nur 60 angekrochen kommen, wo ich auf 80 beschleunigen will. :mad: (wer wäre schuld, wenn es kracht, wenn ich beim beschleunigen rechts überhole, weil einer meint, meine beschleunigungsspur auf tempo 80, mit 70 oder weniger kreuzen zu müssen?)

  • Zitat

    Original geschrieben von andi2511
    Innerorts darf man auf mehrspurigen Straßen auch rechts überholen...

    Nope.. rechts überholen nur bei Stau oder wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit maximal 60km/h beträgt.


    Fockx - dem es auch schon oft so gegangen ist und der das eigentlich auch so macht...



    [Edit]

    Zitat

    Original geschrieben von chung77
    wer wäre schuld, wenn es kracht, wenn ich beim beschleunigen rechts überhole, weil einer meint, meine beschleunigungsspur auf tempo 80, mit 70 oder weniger kreuzen zu müssen?


    Habe ich mich auch schon gefragt, aber noch nie getraut es auszuprobieren ;)
    Oftmals sind diese Verzögerungsstreifen ja gleichzeitig auch Beschleunigungsstreifen von einer vorrausgegangenen Einfahrt.
    Dementsprechend bin ich der Meinung, dass wenn der "rechte Streifen" anfängt, sollte man auf ihn wechseln. Wenn ich dort nun freie Fahrt habe, und einer auf dem mittleren Streifen 90 fährt, warum soll ich dann runterbremsen? Warum hat er z.B. nicht schon viel früher dorthin gewechselt? Und wenn man einen Spurwechsel macht, hat IMMER der bereits sich dort aufhaltende Verkehr vorrang.


    So.. und davon mal ganz abgesehen ist ja eigentlich eh das oberste Gebot Rücksicht aufeinander im Straßenverkehr zu nehmen (um mal ein wenig den Moralapostel raushängen zu lassen :D )
    [/Edit]

    "Irgendwie haben die Leute das mit der Meinungsfreiheit falsch verstanden, man darf eine Meinung haben, man muss nicht. Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten."
    - Dieter Nuhr

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