Müntefering hört auf

  • Dass die Verhandlungen im Hintergrund weiterlaufen wie bisher, war mir zumindest stets bewusst. Das wurde doch auch nirgends angezweifelt, AFAIR?
    Aber es geht doch darum, dass diese Regierung, die da gerade zu bilden versucht wird - und Koalitionsgespräche müssen nicht fruchtbar sein, erst Recht nicht, wenn es sich um zwei eigentlich konkurrierende Parteien geht, die auch bis heute in der Öffentlichkeit die Koalition als nicht 100%ig sicher darstellen - schon jetzt ihre Instabilität zeigt, denn Parteikrisen haben die Regierung schon immer belastet, auch wenn die Arbeit in den Ministerien im Hintergrund weiterläuft (was sie bspw. auch schon nach den Wahlen tut, obwohl man davon so gut wie nichts mehr liest). Und da macht man sich schon etwas Sorgen, wie diese Koalition dann 4 Jahre lang halten will. Aber ich halte es ja auch für am Wahrscheinlichsten, dass das klappen wird - Neuwahlen würden erst Recht ein Chaos verursachen, momentan beruhigt sich die Lage ja schon wieder merklich, jedenfalls nach meinem bescheidenen Eindruck.


    Wenn ich mich nicht irre, kann der Bundespräsident doch auch Neuwahlen ausrufen, wenn die in den Bundestag gewählten Parteien in der gegebenen Konstellation keine Regierung zu Stande bringen können, oder nicht (auch wenn das meines Wissens noch nie vorgekommen ist)?

    Vertrauensliste


    Der Mensch erfand die Atombombe. Keine Maus würde auf die Idee kommen, eine Mausefalle zu bauen. (Albert Einstein)

  • Zitat

    Original geschrieben von Shani Ace
    Dass die Verhandlungen im Hintergrund weiterlaufen wie bisher, war mir zumindest stets bewusst. Das wurde doch auch nirgends angezweifelt, AFAIR?


    Das mag meinetwegen nicht ausdrücklich angezweifelt worden sein, trotzdem hatte ich es so aufgefasst. Es heißt doch in dieser Anzeige wörtlich: "Sie drücken sich um Ihre Aufgabe, uns zu regieren." Aber das tut doch keiner. Wer drückt sich denn? Die Fortsetzung der Verhandlungen ist doch das genaue Gegenteil davon, nämlich eine Bemühung mit den allerbesten Absichten. Auch persönlich drücken sich die beiden kritisierten Personen nicht: Müntefering gibt gerade nur den Teil seiner Macht ab, der nichts mit der Regierungsarbeit zu tun hat, und Stoiber hatte sowieso keine Lust und hätte sich im Zweifelsfall einen anderen Anlass zum Ausstieg gesucht.

    Zitat

    Original geschrieben von Shani Ace
    Aber es geht doch darum, dass diese Regierung, die da gerade zu bilden versucht wird - und Koalitionsgespräche müssen nicht fruchtbar sein, erst Recht nicht, wenn es sich um zwei eigentlich konkurrierende Parteien geht, die auch bis heute in der Öffentlichkeit die Koalition als nicht 100%ig sicher darstellen - schon jetzt ihre Instabilität zeigt, denn Parteikrisen haben die Regierung schon immer belastet, auch wenn die Arbeit in den Ministerien im Hintergrund weiterläuft (was sie bspw. auch schon nach den Wahlen tut, obwohl man davon so gut wie nichts mehr liest).


    Dem kann ich nicht widersprechen, deswegen sage ich ja selbst, dass man die Voraussetzungen für eine Regierungsbildung als gegeben oder als nicht gegeben sehen kann. Nur die Feststellung, dass es am Montag irgendeine Änderung mit Bezug auf die Regierungsbildung gegeben haben soll, kann ich nicht nachvollziehen. Das Argument, dass die beiden großen Volksparteien keine prädestinierten Partner sind, ist nicht von der Hand zu weisen, besteht aber nicht erst seit Montag. Und die politische Ausrichtung der SPD hat sich, wenn überhaupt, eher zugunsten der Großen Koalition gewendet - Platzeck steht meiner Einschätzung nach für dieselbe Politik wie Müntefering, aber anders als Müntefering weiß er auch aus der Praxis, wie eine Große Koaltion funktioniert.

    Zitat

    Original geschrieben von Shani Ace
    Wenn ich mich nicht irre, kann der Bundespräsident doch auch Neuwahlen ausrufen, wenn die in den Bundestag gewählten Parteien in der gegebenen Konstellation keine Regierung zu Stande bringen können, oder nicht (auch wenn das meines Wissens noch nie vorgekommen ist)?


    Der Bundestag muss dreimal versuchen, einen Kanzler zu wählen. In den ersten beiden Wahlgängen benötigt der Kandidat die absolute Mehrheit, im dritten Wahlgang genügt die relative Mehrheit. Nach dem dritten Wahlgang entscheidet der Bundespräsident ganz alleine, ob er den Kandidaten mit der relativen Mehrheit akzeptiert oder Neuwahlen ansetzt.


    Vorher kann es keine Neuwahlen geben. Konkret bedeutet das, dass irgendwer einen Kandidaten ins Rennen schicken muss und erst das dreifache Scheitern dieses Kandidaten zur Neuwahl des Bundestags führen kann. Ich wüsste nicht, wer außer Angela Merkel dieser Kandidat sein sollte, aber dass die sowas nicht mit sich machen lässt, dürfte klar sein, weil es ihre endgültige Demontage bedeuten würde.


    Nur um auch hypothetische Fälle abzudecken: Wenn überhaupt niemand bereit ist, einen Kandidaten ins Rennen zu schicken, passiert einfach gar nichts. Es kommt auch nicht zu einer Neuwahl: Die Schröder-Regierung ist und bleibt geschäftsführend im Amt und kann als Exekutive alles tun und lassen, was sie bisher konnte: Hühner einsperren, Enduring-Freedom-Einsätze der Bundeswehr verlängern usw. Die Legislative könnte diese Zeit mit wechselnden Mehrheiten überbrücken.


    Dieses Szenario ist aber völlig hypothetisch. Die SPD weiß ganz genau, dass sie bei einer weiteren Neuwahl möglicherweise nicht mehr so glimpflich davonkommen würde und CDU und CSU wissen, dass die Große Koalition die einzige Möglichkeit ist, um Angela Merkel noch ins Kanzleramt zu bringen, also wird es die Große Koalition geben. Und selbst wenn der Zeitplan nicht mehr zum regulären SPD-Parteitag Mitte November einzuhalten wäre, was ich nicht glaube, dann würde man eben verlängern - müssen.


    Hier noch der Artikel 63: http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/gg/art_63.html

  • Nur die Feststellung, dass es am Montag irgendeine Änderung mit Bezug auf die Regierungsbildung gegeben haben soll, kann ich nicht nachvollziehen. [/QUOTE]da hast du völlig Recht, sehe ich genauso.


    Die Variante über die drei Kanzlerwahlgänge im Bundestag und die Möglichkeit, mit wechselnden Mehrheiten (was auch vorteilhaft sein kann, habe dazu mal einen sehr interessanten Artikel gelesen) kannte ich schon, ich dachte bloß, es gäbe da eben noch zusätzlich die Möglichkeit, dass der Bundespräsident den Bundestag mangels Regierungsbildung wieder auflöst.


    Als Parteivorsitzender hätte Müntefering sicherlich noch mehr Macht in der SPD gehabt, als demnächst als "einfacher" Minister, wenn dann wieder jemand in der Partei gegen die Regierung quergeschossen hätte, hätte er das dann schneller eindämmen können - ob das gut oder schlecht wäre, sei mal dahingestellt. Andererseits scheiterte Schröder damals als Parteivorsitzender ja auch. ;)

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    Der Mensch erfand die Atombombe. Keine Maus würde auf die Idee kommen, eine Mausefalle zu bauen. (Albert Einstein)

  • Zitat

    Original geschrieben von o2neuling
    Wer drückt sich denn?


    Zitat

    und Stoiber hatte sowieso keine Lust und hätte sich im Zweifelsfall einen anderen Anlass zum Ausstieg gesucht.


    Noch Fragen, Kienzle? ;)


    Der Artikel/ die Annonce spricht vielen Deutschen aus dem Herzen.
    Ich würde mich dazu zählen und ich erlebe es genauso auch in meinem Umfeld, daß es vielen so geht wie mir.

    “Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muß sich vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.” Albert Einstein

  • Ich denke den meisten Menschenmacht es vielmehr Angst das die Preise für Mineralöle und Energie ständig steigen, die Arbeitsplätze immer weniger werden, es kaum noch sozialversicherungspflichte Teilzeitarbeitsplätze gibt ... als das der Bundestag keine Regierung zustande bringt.

  • Nicht "mehr - als", sondern "daß- auch- noch". Denn die Regierenden sind nun mal die, die die Rahmenbedingungen z.T. stecken und auf das von Dir genannten so z.T. einwirken.

    “Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muß sich vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.” Albert Einstein

  • Sueddeutsche.de: Verliebt in Berlin - die Koalitionsverhandlungen als Soap:


    Zitat

    Die Wohngemeinschaft braucht ein Wirtschaftswunder. Da kommt der schneidige Edmund aus Bayern als neuer WG-Kandidat gerade recht. Seine Familie besitzt gleich mehrere Schlösser, er selbst ist ein Verwaltungsgenie. Natürlich will er das größte Zimmer der WG, mit Wireless-LAN-Anschluss ausschließlich für sich selbst. Und auch den Digital-Flatscreen-Fernseher möchte er nicht mit den anderen teilen.


    So einfach ist Politik. :D


    Apropos:


  • Die Krise die sich die SPD indem sie sich zu sehr auf die CSU/CDU einlässt ist aber wohl noch grösser. Gut, das mit dem Verzicht auf den Parteivorsitz von Franz Müntefering haben sie eigentlich ganz gut hinbekommen.


    Aber wenn Matthias Platzeck nicht versucht die Erhöhung der Umsatzsteuer zu verhindern, oder vielleicht nen 17% Kompromiss (eventuell mit Änderung der Ermässigungen) sondern sogar langfristig 20% in Betracht zieht, dann kann es vielleicht schon passieren, das die SPD auf dem Parteitag das Regierungsprogramm ablehnt.


    Klar, die Koalitionsrunde, SPD wie CSU/CDU weis, das für sie persönlich diese Koalition die letzte Chance ist, um einen Posten im Kabinett zu bekommen, aber die Basis denkt wahrscheinlich nicht so ... und will vielleicht lieber in die Opposition, als in eine Regierung mit sowenig eigenen Zielen.

  • Heute soll ein offener [URL=http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,383324,00.html]Brief[/URL] in der FAZ und Bild erscheinen.

    Zitat

    Reiche wollen mehr Steuern zahlen
    Es gibt sie - die Reichen, die den Begriff Gemeinwohl nicht als leere Floskel begreifen.
    Die Forderungen seien keine Lippenbekenntnisse: "Viele von den Unterzeichnern wären von einer höheren Besteuerung von Vermögen betroffen und müssten dann mehr Steuern zahlen.


    Alles schön und gut, aber am meisten ärgert es mich, dass die große Steuerreform unter den Tisch fällt und wieder nur an einzelnen Stellschrauben rumgedreht werden wird.
    Dieses Kleinklein geht mir allmählich auf den Sa.....k.

  • Die in dem offenen Brief vorgeschlagene Lösung wäre wirklich sinnvoll, allerdings an diese Gelder wirklich ranzukommen ist schwierig.


    Also geht die Poltik mal wohl wieder den einfachsten Weg und zapft die normalen Arbeitnehmer an, die Ihre Lohnsteuerkarte nicht ins Ausland schaffen können und weniger Abschreibungsmöglichkeiten haben.

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    Ericsson T39m
    Legends never Die!
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