Bankier-Sohn ermordet....



  • Ich finden Deinen Beitrag ausgesprochen wohlüberlegt. Natürlich müssen in einem Rechtsstaat die gesetzlichen Normen Folter oder auch nur ihre Androhung ächten. Andererseits muß ich ganz ehrlich gestehen, daß ich mir, wenn ich versuche, mich in die Rolle des Vaters eines entführten Kindes hineinzuversetzen, wohl auch einen Polizeibeamten wünschen würde, der die entsprechenden Normen notfalls insoweit ignoriert, daß er auf einen hinreichend Verdächtigen entsprechenden Druck ausübt, wenn das Leben des Kindes in akuter Gefahr zu sein scheint. Natürlich ist dieses Verhalten rechtswidrig und erfordert eine entsprechende rechtliche Sanktionieriung und natürlich müssen die so gewonnenen Erkenntnisse dem Verwertungsverbot unterliegen. Aber man darf doch nicht bestreiten, daß die Polizeibeamten, auch wenn die Rechtslage eindeutig war, doch in einem moralischen Dilemma standen. Sollten sie den Tod eines unschuldigen Kindes in Kauf nehmen, um die körperliche Unversehrtheit desjenigen zu garantieren, der das Kind aus reiner Habsucht entführt und zumindest in Lebensgefahr gebracht hatte? Aus rechtlicher Sicht: Eindeutig ja. Aus moralischer Sicht: Durchaus fragwürdig.
    Insofern bin ich der Ansicht, daß der Rechtsstaat im vorliegenden Falle gerade seine Funktionsfähigkeit bewiesen hat. Natürlich wurde der (leider schon ermordete) Junge unter Verwendung nicht-rechtsstaatlicher Mittel gefunden. Aber die unter Druck gewonnen Ergebnisse wurden nicht verwertet und die rechtswidrig handelnden Beamten ihrer persönlichen Schuld entsprechend (milde) bestraft. Tatsächlich kann es manchmal so etwas wie übergesetzlichen Notstand geben.
    Mehr als problematisch wird dieses Konstrukt allerdings zugegebenermaßen, wenn es aufhört Einzelfall zu sein und wie im Fall Guantanamo oder bei der Frage des Abschusses entführter Zivilflugzeuge zur Staatsraison wird.

  • Zitat

    Original geschrieben von MTT
    Diese Wortwahl ist - auch wenn es sich um einen Kindermörder handelt - nicht angemessen.

    So? ich würde da (als Familienvater) sogar noch einen Schritt weiter gehen, ob das nun rechtlich oder ethisch einwandfrei ist, wäre mir sch*%&/egal! Sowas etwas bezeichne ich nicht mehr als Mensch.


    Bei so einer Tat (und einer zweifelsfreien Schuldzuweisung) hört für MICH der Spaß auf. Ich finde solche Leute einfach nur "unmöglich" und extrem "abstoßend". Von daher gäbe es (für mich) nur eine Lösung.

  • Zitat

    Original geschrieben von dragon-tmd
    daher gäbe es (für mich) nur eine Lösung.


    Nicht nur von dir!
    Für die Gutmenschen: Und da wäre mir das auch shitegal, zum Mob dazu zu gehören.

  • Zitat

    Original geschrieben von dragon-tmd
    Bei so einer Tat (und einer zweifelsfreien Schuldzuweisung) hört für MICH der Spaß auf. Ich finde solche Leute einfach nur "unmöglich" und extrem "abstoßend". Von daher gäbe es (für mich) nur eine Lösung.


    Und wenn die "zweifelsfreie Schuldzuweisung" sich irgendwann als falsch heruasstellt? Was machst Du dann? Deine Lösung ist vermutlich nicht umkehrbar oder?

    Auch ein Traumjob berechtigt nicht zum Schlaf am Arbeitsplatz.

  • Wenn das eigene Leben eh im Allerwertesten ist, kommt es im Zweifelsfalle darauf auch nicht mehr an...


    Davon abgesehen meinte er sicher Situationen, wo halt schlichtweg kein Zweifel existiert. Habe neulich den Film "Die Fremde in mir" gesehen. Absolut symphatische Hauptfigur, wie ich leider gestehen muss...

    Ist das eine von den Kirchen, wo man so kleine Cracker kriegt? Ich habe Hunger!

  • Hängt ihn höher! :flop:


    BigBlue007: Dann schau dir mal den zu der Thematik noch passenderen Film "Death Sentence – Todesurteil" an. In dem Film wird der Sohn des Hauptdarstellers (Bankier/Unternehmensberater) ermordet und der Vater begibt sich daraufhin auf seinen ganz persönlichen Rachefeldzug.

  • Zitat

    Original geschrieben von dragon-tmd
    [Kindesmord]
    Bei so einer Tat (und einer zweifelsfreien Schuldzuweisung) hört für MICH der Spaß auf. Ich finde solche Leute einfach nur "unmöglich" und extrem "abstoßend". Von daher gäbe es (für mich) nur eine Lösung.

    Gestern oder vorgestern kam da was zu in den Nachrichten: In den USA wurde ein vor 20 Jahren wegen Vergewaltigung und Mordes zum Tode Verurteilter endlich von jeglicher Tatbeteiligung entlastet und auf freien Fuß gesetzt, weil sich mittels wiederholter DNS-Tests ergeben hatte, daß er nicht der Täter gewesen sein konnte.


    Man darf sich wohl mal vorstellen, wie das ist: 20 Jahre in der Todeszelle, diverse Hinrichtungstermine, die dann immer wieder aufgeschoben werden, wobei jeder der verkündeten Termine auch wirklich das Ende bedeuten könnte - und dann stellt sich die Unschuld im Sinne der Anklage heraus. In den USA wurden in den letzten Jahren ca. 130 Insassen der Todestrakte wieder auf freien Fuß gesetzt, weil sich durch eine erneute wissenschaftliche Untersuchung der damals schon verwerteten Beweise oder durch zufällige Festnahmen anderer Täter, die die Verbrechen dann gestanden oder andere, eher zufällige Umstände ergab, daß diese Menschen unschuldig im Sinne der ihnen zur Last gelegten Taten waren. Und da fragt man sich doch sofort: Wie viele wurden hingerichtet, obwohl sie unschuldig waren, bloß weil ihre Unschuld nicht mehr rechtzeitig bewiesen werden konnte? Was nützt diesen Menschen ihre posthume Rehabilitierung?


    Und das waren alles Menschen, bei denen die Schuld ja als "über jeden berechtigten Zweifel hinaus" als erwiesen galt; sie waren von einem ordentlichen Gericht für etwas zum Tode verurteilt worden, das sie nicht begangen hatten.


    Die Todesstrafe ist inhuman, denn ihre Vollstreckung kann im Fall eines Justizirrtums nicht mehr revidiert werden. Situationen, in denen "schlichtweg kein Zweifel existiert" gibt es einfach nicht, jedenfalls nicht absolut. Die o. g. Beispiele, bei denen ja für die Richter (und Geschworenen) auch "schlichtweg kein Zweifel existierten" sprechen da wohl eine eindeutige Sprache. Selbst korrekt durchgeführte DNS-Tests - wer beurteilt eigentlich, ob so ein Test korrekt durchgeführt wurde? - bringen nur eine mit 99,99 % bezifferte Sicherheit - für ein Todesurteil ist das einfach zu wenig, weil eben doch ein winziges Quantum an Zweifel bestehen bleibt.


    Drüber hinaus stellt sich mir schon eine prinzipielle Frage: Warum sollen Bürger für eine Tat mit einer Strafe belegt werden, für die der Staat seine Vollzugsorgane straffrei stellen will, nämlich das Auslöschen menschlichen Lebens ohne eine konkrete Notwehr-Situation? :confused: In dem Moment, in dem ein Mörder hinter Schloß und Riegel sitzt, ist eine konkrete Notwehr- oder Nothilfesituation, mit der man eine Tötung rechtfertigen könnte, überhaupt nicht mehr gegeben.


    Alles andere sind nur blindwütige, archaische Vergeltungsgelüste, für die in einem modernen Rechtsstaat unter gar keinen Umständen Platz sein darf.


    Wenn hier ständig auf irgendwelche Hollywood-Filme verwiesen wird, kann ich wirklich nur den Kopf schütteln. Wir sind hier doch nicht im Kino! Die reale Entscheidung für die Tötung von Menschen ist kein von einem Drehbuchautor konstruiertes Spektakel auf Zelluloid, das mit Hilfe von Schminke und Filmtricks in kineastische Bilder umsetzt wird. :flop:

    Viele Grüße und einen Happy Day


    Guy Fawkes was the only person ever to enter Parliament with honest intentions.

  • Genau diesen Fall hatte ich vor 3 Jahren in meiner mündlichen Abitur-Prüfung im Fach Ethik.


    Meine persönliche Meinung ist, dass die Reaktion des Polizisten durchaus menschlich und nachvollziehbar war, wenn auch nicht rechtens!
    Aber ich finde, es darf einfach nicht angehen, dass man jemanden, der eine Geisel hat, bei der angenommen werden kann, dass sie noch lebt, nicht mit rechtlichen Mitteln zur Herausgabe des Ortes bringen kann und somit den Tod der Geisel in Kauf nehmen MUSS.


    Die Meinung meiner Lehrerin, die auch so in den Gesetzbüchern nieder geschrieben steht, besagt aber eben, dass die Androhung nur wirksam sein kann, wenn diese dann auch, wenn nötig bis zum Tode des Gefolterten, vollzogen wird.
    Da aber in unserem Rechtssystem der Staat nicht töten darf, ist somit auch die Folter als Mittel rechtswiedrig.
    Leider wird es bei diesem Fall/Thema wohl nie einen Mittelweg geben.


    Dennoch bin ich der Meinung, dass es eine Frechheut ist, dass der Täter noch vor dem EuGH auf Menschenrechtsverletzung klagen kann. Natürlich mag er rein gesetzlich das Recht dazu haben und es mag auch eine Menschenrechtsverletzung gegen ihn vorgelegen haben, aber diese Person hat sich auf das aller abscheulichste Niveau heruntergelassen und sollte auch so behandelt werden.
    Dazu fehlen mir echt die Worte. :(


    Zum Thema Todesstrafe finde ich, dass in vielen Fällen, besonders eben in den USA, von wo man es am meisten mitbekommt, zu leichtfertig damit umgegangen wird, weswegen sie sich als Strafe mit fatalen Folgen zeigte.
    Nur denke ich, dass der Staat in solchen Fällen sehr wohl über dem Einzelnen stehen und in äußerst seltenen Fällen auch zum äußersten Mittel greifen können sollte.

    Grüße aus Nürnberg!

  • Zitat

    Original geschrieben von sk8ergirl
    Nur denke ich, dass der Staat in solchen Fällen sehr wohl über dem Einzelnen stehen und in äußerst seltenen Fällen auch zum äußersten Mittel greifen können sollte.


    Du möchtest also wirklich in einem Land Leben, das foltert?


    Das ist jetzt eine ganz banale Ja/Nein Frage, ohne auf vermeintliche Abstufungen, auf die ja immer wieder durch die Befürworter in diesem Thread hingewiesen wird ("dringender Verdacht", "[vage]Chance, jemanden dadurch retten zu können", "nur bei abscheulichen Verbrechen"), um eine Rechtfertigung zu zimmern, einzugehen.


    Zitat

    Gestern oder vorgestern kam da was zu in den Nachrichten: In den USA wurde ein vor 20 Jahren wegen Vergewaltigung und Mordes zum Tode Verurteilter endlich von jeglicher Tatbeteiligung entlastet und auf freien Fuß gesetzt, weil sich mittels wiederholter DNS-Tests ergeben hatte, daß er nicht der Täter gewesen sein konnte.


    Das ist meiner Meinung nach der zweite Schritt vor dem ersten. Diese tragischen Fälle sind die rationalen Argumente gegen die Todesstrafe/Folter. Der ethische Grund, warum diese beiden monströsen Mittel unter keinen Umständen in einem Rechtsstaat zur Anwendung kommen dürfen, wurde schon ein zwei Seiten vorher in der Frage an BigBlue genannt: "Was versprichst Du Dir von der Todesstrafe?"


    Ja genau, was versprechen sich die vehementen Befürworter davon. Die traurige Wahrheit ist weder "Schutz der Gesellschaft", denn die Gesellschaft ist auch durch lebenslangen Freiheitsentzug ausreichend geschützt. Noch ist sie "Abschreckung", denn sämtliche Studien und Ländervergleiche kommen stets zum selben Ergebnis: keine signifikante Reduktion durch härtere/fatale Strafen.


    Wenn man nun aber einfach mal den ganzen b/s weglässt und der tatsächlichen Wahrheit ganz ohne Schminke und schöne Worte in's Gesicht sieht, denn ist Grund ein ganz primitiver und trivialer: es geht einzig und allein um das wonnige Bauchgefühl der Rache, gepaart mit dem Gefühl des Anständigen, das richtige getan zu haben.
    und wohin das führt, sollte die Geschichte leider zur Genüge getan haben, wie man aber zwischen den Zeilen leider herausliest, hat sie es nicht.

  • Zitat

    Original geschrieben von Mephisto
    Das ist meiner Meinung nach der zweite Schritt vor dem ersten. Diese tragischen Fälle sind die rationalen Argumente gegen die Todesstrafe/Folter. Der ethische Grund, warum diese beiden monströsen Mittel unter keinen Umständen in einem Rechtsstaat zur Anwendung kommen dürfen, wurde schon ein zwei Seiten vorher in der Frage an BigBlue genannt: "Was versprichst Du Dir von der Todesstrafe?"


    Ja genau, was versprechen sich die vehementen Befürworter davon. Die traurige Wahrheit ist weder "Schutz der Gesellschaft", denn die Gesellschaft ist auch durch lebenslangen Freiheitsentzug ausreichend geschützt. Noch ist sie "Abschreckung", denn sämtliche Studien und Ländervergleiche kommen stets zum selben Ergebnis: keine signifikante Reduktion durch härtere/fatale Strafen.

    Ich denke, es hat weniger mit Ethik zu tun, wenn man die Todesstrafe als insgesamt nicht abschreckend beurteilen muß, sondern mit empirischer Erkenntnis: In der Praxis hat sich gezeigt, daß Staaten, in denen staatlich sanktionierte Tötungen vorgenommen werden, eben keine niedrigere Rate an Gewaltverbrechen aufweisen, ergo ist die Todesstrafe als Abschreckungsinstrument untauglich. Diese Erkenntnis ist aber nicht ethisch, sondern empirisch.


    Nicht empirisch, sondern ethisch begründet wäre die Feststellung, daß es Menschen nicht zusteht, über das Leben bzw. den Tod anderer Menschen zu entscheiden, wenn nicht eine unmittelbare, klare erkennbare (nicht wie im Fall der Vernehmung von G. eine durch die Polizei fälschlich vermutete!) Notwehr-/Nothilfesituation vorliegt. In diesem Fall muß man sich auf eine Diskussion über eine mögliche Abschreckungswirkung der Todesstrafe oder "die humanste Hinrichtungsart" gar nicht mehr einlassen, weil man die Todesstrafe aus ethischen Gründen (= Todesstrafe stellt staatlicherseits die flagranteste aller nur denkbaren Verletzungen der Menschenwürde dar) bereits als ein Instrument der Rechtspflege disqualifiziert hat.

    Viele Grüße und einen Happy Day


    Guy Fawkes was the only person ever to enter Parliament with honest intentions.

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