ZitatOriginal geschrieben von Zappi
Zu deiner zweiten Behauptung: Es gilt auch in Berlin Moabit der strafrechtliche Grundsatz "in dubio pro reo". Die Aussage, wer durch die Türen des Gerichts geht, ist quasi schon verurteilt, ist daher sehr polemisch und nicht sehr realistisch.
So nun wieder BTT. Echt amüsant, Volkes Stimme zu juristischen Fragen zu hören...
Zap
Hi Zap,
selbstverständlich gilt auch in Moabit der Grundsatz "in dubio pro reo".
Ich möchte zu meinem Posting klarstellen, dass die dort geschilderten Zustände nicht mit der StPO in Einklang stehen, nicht für alle Richter gelten und wahrscheinlich von keinem Richter bewusst herbeigeführt werden.
Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Richter in der Regel der Aussage des Zeugen mehr Gewicht beimessen als der des Angeklagten. Natürlich gibt es auch Ausnahmen. Ich habe einmal eine Richterin erlebt, die so intensiv nach Entlastungsmomenten für meinen Mandanten (das zum Thema Beruf und juristischer Laie) gesucht hat, dass ich kaum noch etwas zu tun hatte.
Der Grundsatz ist aber, dass man jedenfalls in Moabit grundsätzlich nicht erwarten kann, dass die Richter allzu intensiv nach entlastenden Momenten suchen, selbst von einer Großen Strafkammer habe ich schon mehrere Verhandlungstage mit fast ausschließlich suggestiven Fragen an die Zeugen erlebt (hat den Vorteil, dass man selbst auch unsauber arbeiten kann).
Gar nicht selten sind auch Aussagen der Richter _vor_ der Verhandlung wie "wenn Ihr Mandant gesteht, bekommt er drei Jahre, ansonsten fünf Jahre ".
Nun bin ich schon wieder die ganze Zeit mehr oder weniger OT, möchte aber noch anfügen, dass ich selbst strafrechtliche Mandate nur übernehme, wenn es sich gar nicht vermeiden lässt, ich aber einige durchaus angesehene Strafverteidiger kenne, die grundsätzlich nur noch Freispruchverteidigungen bzw. sog. "Konfliktverteidigungen" durchführen, da sie das Vertrauen in eine faire Zusammenarbeit mit dem Gericht verloren haben.
Fazit: Im Großen und Ganzen halte ich unsere Rechtsordnung für gut, vor dem Strafgericht mit seinem Amtsermittlungsgrundsatz kommt es aber nun einmal auf die Überzeugung des Gerichts an und eine Überzeugung ist selbst dann auch subjektiv, wenn sie sich aus den in der Hauptverhandlung ermittelten Fakten ergibt. Das Wort "Schutzbehauptung" dürfte wohl eines der häufigsten in unserem Strafgerichtsurteilen sein, oft natürlich auch zu Recht.
Grüße, Harry