Bei der gestrigen Hochzeit meines Schwesterchens hatte ich als offiziell bestellter Chauffeur die Gelegenheit, das Hochzeitsauto, einen BMW 745i, ausgiebig im Stadtverkehr und auf der Landstraße zu fahren.
Die Eckdaten:
- BMW 745i (aus 2004, vor Facelift)
- 4,5 Liter
- 8 Zylinder
- 245 kw / 333 PS
- Saubreite Reifen auf Schweinegroßen Felgen
- Neupreis ~85.000 €
Der erste Blick war schon eine leichte Ernüchterung. In einem Meter Entfernung wirkt der 7er nicht annähernd so imposant wie auf der Autobahn im Rückspiegel. In der Realität ist er lange nicht so wuchtig wie auf den Fotos, lässt sogar etwas (Panzer-) Dynamik erkennen. Erster Eindruck also positiv.
Das Fahrzeug ist schwarz-metallic, mit grauem Leder und Wurzelholz(imitat?) ausgestattet wohin man schaut. Dazu noch überall die Chromleisten und massiver Kunststoff. Die Haptik geht demnach neben der Optik auch in Ordnung.
Die elektrische Sitzeinstellung ist für einen IT'ler dann schonmal die erste Herausforderung. Knöpfchen drücken, schieben, drehen, ziehen und der Sitz macht irgendwas, aber sicher nicht das, was man erwarten würde. Könnte man das nicht in's iDrive integrieren, welches nach fünf Minuten "spielen" den von der Fachpresse eisern unters Volk gepressten Schrecken verloren hat? Entweder man kapiert's, oder man sollte auf einen 7er verzichten.
Insgesamt wird man im 7er so richtig faul. Das Lenkrad wird über einen kleinen Joystick an der linken Seite der Lenksäule eingestellt, der Tempomat übernimmt die Geschwindigkeitseinhaltung, der Regensensor steuert die Scheibenwischer, der Lichtsensor das Fahrlicht. Bis auf das elektrisch einstellbare Lenkrad bisher alles wie aus meinem Mondeo gewohnt. Das war's dann aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten.
Das erste "AHA" kommt schon beim Einsteigen: Reinsetzen, Tür anlehnen und: *ssssssssuuurrrrrr - klack* die Tür ist zu. Klasse. Will ich auch haben. Nie wieder Türen schlagen! Hat man es dann geschafft, die Sitze einzustellen (und es gibt wahrlich viele Einstell-Möglichkeiten), sucht man vergeblich nach dem Zündschloss. Gibt es nicht. Das Schlüsselklötzchen muss in den passenden Schlitz und der Startknopf wird betätigt. Ausser des Anlassers ist im Stand vom Motor weder etwas zu hören, noch zu spüren. Der seidenweiche Lauf des 8-Zylinders ist beeindruckend. Aber darauf kommt es ja nicht an: Also ab auf die Piste.
Die über den Hebel am Lenkrad betätigte Automatik bedarf einer kurzen Erläuterung, ist dann aber Idiotensicher zu bedienen. Nach hinten ziehen und nach unten drücken: D, nach hinten und oben: R, Knöpfchen drücken: P. Wie man auf N kommt, habe ich vergessen. Ich will aber auch fahren, nicht im Leerlauf rumstehen. Also Fuß auf die Bremse, Hebel nach hinten und unten, Knöpfchen für die Parkbremse gelöst und losgerollt...
Auf der Landstraße sind nur 70 erlaubt. Hm. Egal. Ausrollen lassen bis auf 20 km/h - Mist, da kommt einer von hinten. Also auf das Gaspedal treten, Kickdown, unter lautem Lederknirschen werde ich in den Sitz gepresst, der 8-Zylinder heult auf, geschätzte 5-6 Sekunden später liegen 120 km/h an. Dann erschrocken auf die Bremse und genauso brachial steht der Tacho wieder bei den erlaubten 70. So fühlen sich also 333 PS und riesige Bremsscheiben auf massiven Gummiwalzen an.
Nach dem ersten Adrenalinkitzel kommt man dann erstaunlich gut mit dem Wagen zurecht. Man fährt genauso seidenweich mit 50 durch die Stadt, wie mit 140 über die Landstraße (mehr ließ der Verkehr und die anderen Hochzeitsgäste in die Fahrzeugen dahinter leider nicht zu), der Motor wird nie zu präsent, Windgeräusche sind dem 7er-Fahrer fast unbekannt. Die Leichtigkeit, mit der sich dieses Fahrzeug bewegen lässt, ist beeindruckend.
So durfte ich also den Tag über das Brautpaar durch die Gegend kutschieren, mit einigen Ermahnungen meines Schwesterchens, nicht so schnell zu fahren, die sich über das 140 € - Gesteck auf der Motorhaube Sorgen machte. Mich machte eher nachdenklich, wie ein Florist 140 € für ein bisschen Efeu mit Blumen und etwas Stoff abknöpfen kann. Nungut - das fiel bei einem Durchschittsverbrauch im Stadtverkehr und bei einigen Beschleunigungsorgien von 29,4 Litern auch nicht mehr ins Gewicht.
Auf die ganzen anderen elektrischen Spielereien gehe ich garnicht ein, während des einstündigen Fototermins ist es mir im 7er jedenfalls keine Sekunde langweilig geworden (jedes Knöpfchen will schließlich erwartungsvoll gedrückt und jedes Rädchen gedreht werden ;))
Eine Bewertung des Fahrzeugs erspare ich mir, ich bin beeindruckt und um eine Erfahrung reicher. BMW versteht es, Luxusautos zu bauen. Der 7er wirkt meiner Meinung nach luxuriöser und agiler als eine Mercedes S-Klasse.
Was gefiel:
+ Motor
+ Bremsen
+ Automatikgetriebe
+ Haptik und Optik im Innenraum
+ Funktionaltät des Innenraums
+ Platzangebot
+ Agilität
+ Elektrischer Kofferraumdeckel
Weniger gut:
- Verbrauch
- Knistern im Innenraum
- Das rote Blinklicht am Innenspiegel (wer hat sich das nur ausgedacht??)
- Zu dünner Lenkradkranz (wenig griffig)
- Zu leichtgängige Lenkung
Folgend noch zwei Fotos des Autos, das Brautpaar ist aus Datenschutzgründen maskiert
Stefan