Als ich im Oktober letzten Jahres auf der Rückseite des aktuellen T-Com-Katalogs für den Monat November 2004 zum ersten Mal das Sinus PRO 800 sah, war mein erster Gedanke: 'WOW! Was für ein geiles Gerät!' ISDN-Telefon, Mobilteil, a/b-Anschluss, WLAN-Router, VoIP - alles in einem Gerät - ein Traum für jeden anspruchsvollen Kommunikator.
Seit Anfang der Woche ist das Gerät zum Setpreis (Basis + ein Mobilteil) nun lieferbar. Was man für die angelegten EUR 499,- erhält, sollen die folgenden Zeilen klären.
Was es hat
(Das graue Kabel ist ein Provisorium )
Das Tischtelefon (oder auch "Basis") vereint ISDN-Komforttelefon und WLAN-Router. Auf der Rückseite finden sich Anschlüsse für ISDN, WAN, LAN, a/b-Anschluss und natürlich Strom. Der WAN-Anschluss kann sowohl mit dem Ausgang des DSL-Modems als auch mit beliebigen anderen Geräten (Routern, Switches usw.) verbunden werden, wo halt in irgendeiner Form Internet "ankommt". Ein DSL-Modem eingebaut hat das Gerät leider nicht. Über den LAN-Anschluss können kabelgebundene Geräte ins Netzwerk eingebunden werden; unter Verwendung eines Switches natürlich auch mehr als eins.
Das im Paket enthaltene Mobilteil kommt mit einer Ladeschale, einem Headset und einer Ledertasche mit Gürtelclip. Das Headset wird, statt via DECT, via WLAN an die Basis angebunden. Aber obwohl das so ist,...
Was es nicht hat
... ist gegenüber dem ursprünglichen Plan, wie hier ja auch schon berichtet wurde, das Feature "VoIP" zunächst mal gestrichen worden. Dies überrascht insofern, als es selbst beim zum Konzern gehörenden ISP T-Online inzwischen ein VoIP-Angebot gibt. Kein Interessantes zwar, aber immerhin gibt es eins. Wie hier bereits zu lesen war, soll Mitte des Jahres ein Softwareupdate nachgeschoben werden, mit dem dann auch VoIP möglich sein wird.
Die Befürchtung, dass dies dann ausschließlich mit einem VoIP-Angebot aus dem Telekom-Konzern nutzbar sein wird (sei es T-Online oder ein eventuell noch folgendes Angebot von T-Com direkt), habe ich übrigens nicht. Denn dies wäre im Grunde analog der Vorgehensweise bei diesen T-Net-Geräten, die es Ende letzten Jahres mal kurz gab (voreingestellte Telekom-Netzwahl) und die nach kurzer Zeit von der Regulierungsbehöre untersagt wurden. Ausgelieferte Geräte mussten nachträglich von dieser Sperre befreit werden. Eine Beschränkung auf ein bestimmtes VoIP-Angebot wäre IMHO genau dasselbe, weshalb es unwahrscheinlich ist, dass das so kommen wird. Die eigentlich interessante Frage wird vielmehr sein, ob das Update überhaupt kommt. Denn eine verbindliche Zusage (z.B. in Form eines Beipackzettels im Karton oder eines Hinweises auf der Webseite) gibt es nicht. Nun, we will see...
Design/Verarbeitung
Schauen wir uns das Gerät nun ein wenig näher an. Um es vorwegzunehmen: Das Sinus PRO 800 ist das schönste Tischtelefon, das ich je hatte. Die Dreiecksform erinnert an das puristische BRAUN-Design von Dieter Rams und Dietrich Lubs aus den 70er/80er Jahren. Die sehr flachen und dennoch hervorragend bedienbaren Tasten erzeugen einen modernen und aufgeräumten Gesamteindruck. Freilich besteht das Gehäuse komplett aus Kunststoff, dennoch fühlt sich alles sehr hochwertig an.
Eine Sache gibt es aber leider doch, die man den Designern vorwerfen muss: Warum zum Geier ist das Display der Basis nicht hintergrundbeleuchtet??? Das fein auflösende Graustufendisplay ist ansonsten sehr schön. Noch schöner wäre es allerdings, wenn es beleuchtet wäre.
Das Mobilteil ist ebenfalls hervorragend verarbeitet und erinnert an das eine oder andere, nicht mehr ganz aktuelle Samsung-Handy.
Was insofern kein Wunder ist, als das komplette Gerät (also auch die Basis) von Samsung hergestellt wird. Auf dem Akku des Mobilteils steht auch fett "Samsung" drauf, an allen anderen Stellen einschl. Typschilder usw. findet sich dagegen kein Hinweis auf den Originalhersteller. Anders als die Basis hat das Mobilteil natürlich ein (blau) beleuchtetes Display und auch eine beleuchtete Tastatur (ebenfalls blau).
Installation
Nach dem ersten Einschalten der Basis wird man am Display mit einem "EasySetup" genannten Assistenten begrüsst, der einen durch die ersten Konfigurationsschritte begleitet. Im Zuge dessen gibt man u.a. an, wie sich das Teil mit dem Internet verbinden soll. Zur Auswahl stehen PPPoE, DHCP sowie statische IP. Man kann sich natürlich auch gleich via Ethernet mit der Box verbinden. Am PC sollte man hierzu zunächst DHCP aktivieren (später kann man natürlich auch mit fixen lokalen IPs arbeiten). Ein Zugriff via WLAN ist zunächst noch nicht möglich, da man die (im Ausgangszustand nicht gebroadcastete) SSID erst in Erfahrung bringen muss. Diese wird einem am Ende der EasySetup-Prozedur im Display der Basis angezeigt, außerdem sieht man sie natürlich auch im Webinterface, wenn man per Ethernet darauf zugreift.
Telefon-Features
Im Telefonbetrieb ist das Gerät zunächst mal ein ganz normales ISDN-Telefon, freilich mit allen möglichen Features vollgepackt.
Es lassen sich bis zu 10 MSNs programmieren. Jedem Gerät (der Basis, den bis zu 8 Mobilteilen und dem a/b-Anschluss) lässt sich eine eigene (oder auch immer dieselbe) abgehende MSN zuweisen, wobei man ebenfalls je nach Gerät CLIR ein- oder ausschalten kann.
Bei ankommenden Rufen kann man entweder jeder MSN exklusiv ein Gerät zuordnen, oder man kann bis zu 5 Gruppen erstellen, in welchen dann beliebige Geräte enthalten sein können. So kann man also z.B. eine "Gruppe 1" erstellen, welche die Basis und die Mobilteile 1 und 2 enthalten und die dann komplett auf MSN 1 hören sollen. "Gruppe 2" könnte dann z.B. die Basis und die Mobilteile 3 und 4 enthalten und würde auf MSN 2 reagieren. Usw. usf..
Interessant sind auch die sogen. "Berechtigungsgruppen". Es gibt Gruppen A bis G. A entspricht "vollamt", während man die übrigen Gruppen hinsichtlich erlaubter oder gesperrter Nummern recht detailliert konfigurieren kann. Die Gruppen können sowohl "Frei"- als auch "Sperrgruppen" sein, d.h. man kann entweder definieren, dass bestimmte Nummern nicht oder ausschließlich gewählt werden können. Anschließend kann dann jedem Gerät eine dieser Berechtigungsgruppen zugewiesen werden. Das Ganze lässt sich auch für den Tag- und Nachtbetrieb (welcher entweder automatisch zu einstellbaren Zeiten oder manuell gewechselt wird) getrennt konfigurieren, d.h. man kann z.B. einstellen, dass ein Mobilteil tagsüber alles anrufen kann, nachts aber keine Sexhotlines.
Anrufweiterschaltungen können entweder im der VermSt. oder anlagenintern konfiguriert werden, wobei bei der internen AWS die Basis, jedes MT, der a/b-Anschluss sowie die o.g. 5 benutzerdefinierten Rufgruppen als Ziel zur Auswahl stehen.
Die Anlage unterstützt MWI, also die Anzeige mittels Displaysymbol, ob auf der T-NetBox neue Nachrichten sind.
Überflüssig zu erwähnen, dass natürlich auch jede Art von Interngesprächen zwischen Basis und Mobilteilen, zwischen Mobilteilen untereinander und mit dem a/b-Anschluss möglich sind. Auch interne Konferenzschaltungen (externe natürlich auch) sind möglich.
Zum Mobilteil gibt es nicht so wahnsinnig viel zu sagen. Abgesehen davon, dass es sich halt via WLAN und nicht via DECT an der Basis anmeldet, verhält es sich halt wie ein normales Mobilteil. Ungewohnt ist, dass man am MT nicht durch Drücken der Abhebe-Taste ein Freizeichen bekommt, sondern in der Anrufliste landet. Ein Freizeichen bekommt man gar nicht; angerufen wird, indem entweder ein Eintrag aus der Rufliste oder dem Telefonbuch ausgewählt oder eine Nummer manuell eingetippt und dann die grüne Hörertaste gedrückt wird.
In der Basis kann ein Telefonbuch erstellt werden, auf welches auch alle Mobilteile zugreifen können (umgekehrt kann die Basis nicht auf, soweit vorhanden, lokale Telefonbücher der MTs zugreifen). Das Basistelefonbuch lässt sich praktischerweise auch über das Webinterface des Routers befüllen/editieren.
Bei ankommenden Anrufen wird im Display sowohl der Basis als auch der MTs die Nummer des Anrufers sowie die angewählte MSN angezeigt. Ist der Anrufer im Telefonbuch der Basis gespeichert, wird an der Basis auch der Name angezeigt. Am MT leider nicht - obwohl das MT durchaus auf das Telefonbuch der Basis zugreifen kann, wird davon offenbar zumindest für die Anruferidentifizierung kein Gebrauch gemacht.
Pro MSN lässt sich eine eigene Ruftonmelodie einstellen. Die Ruftöne an der Basis sind durchaus angenehm; es sind neben diversen unvermeidlichen "RealSounds" auch "seriöse" Töne dabei. Leider verfügt das Mobilteil nicht über dieselbe Ruftonauswahl und gestattet zudem auch keine separaten Töne pro MSN, so dass das MT immer gleich - und leider auch immer anders - klingelt als die Basis.
Die T-Taste bietet einen Schnellzugang zur T-NetBox sowie zu anderen T-Com-Nummern (Auskunft, Hotline usw.). Die rote LED über der Taste leuchtet, wenn verpasste Anrufe vorliegen. In diesem Falle gelangt man mit der Taste dann sofort in die Anrufliste.
Äußerst praktisch ist, dass die meisten Einstellungen des Telefonteils des Gerätes auch über das Webinterface vorgenommen werden können.
Screenshot
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WLAN
Die Mobilteile unterstützen zur Verschlüsselung ausschließlich das WEP-Verfahren (WEP128). Bei der ersten Anmeldung eines Mobilteils muss der standardmäßig vorgegebene WEP-Key (den man später natürlich ändern kann) am MT eingegeben werden. Der WLAN-Router in der Basis unterstützt für die Anbindung anderer WLAN-Geräte dann allerdings auch WPA. Glücklicherweise ist der WLAN-Teil, der für die MTs zuständig ist, offenkundig vom "Rest" des Routers getrennt, denn wenn man für die Anbindung von Clients WPA einstellt, dann funktioniert hierfür auch wirklich nur WPA, d.h. man kann sich mit einem PC nicht unter Verwendung des WEP-Keys, der für die MTs genutzt wird, anmelden. Ein potentieller WLAN-Mithörer kann also zwar durchaus mit den bekannten Methoden irgendwann die WEP-Verschlüsselung, mit denen die MTs angebunden sind, knacken, kommt damit aber trotzdem nicht an das Konfigurationsinterface der Basis bzw. an den WPA-gesicherten Traffic heran. Dennoch wäre es natürlich schon schön (und auch sicherer) gewesen, wenn auch die Mobilteile WPA beherrschten.
Die SSID muss, was für die meisten ungewohnt sein dürfte, numerisch sein und darf maximal 6 Stellen enthalten. Das Broadcasting der SSID kann ein- und ausgeschaltet werden.
Der Router arbeitet entweder im reinen 802.11b- oder im gemischten 802.11b/g - Modus; ein reiner g - Modus ist nicht vorgesehen (würde auch keinen Sinn machen, da dann die Mobilteile nicht mehr funktionieren würden). Es können die Channels 1-13 genutzt werden, wobei es natürlich auch eine "Auto"-Einstellung gibt.
Zusätzlich zur WEP/WPA-Sicherheit können WLAN-Clients noch anhand der MAC-Adresse gefiltert werden.
Der Betrieb von WLAN-Repeatern ist ebenfalls möglich, diese müssen dann mit ihrer MAC-Adresse im Webinterface der Basis konfiguriert werden.
Router
Als WLAN-Router hat das Gerät ebenfalls so ziemlich alles, was man braucht. Neben WLAN-Clients, die wie gesagt entweder über WEP oder WPA verschlüsselt werden können, können via Ethernet auch kabelgebundene Geräte angeschlossen werden. Zunächst mal nur eines, weil die Basis nur einen LAN-Anschluss hat, aber unter Verwendung eines Switches natürlich auch mehrere.
Der Router hat einen DHCP-Server, dessen Adressbereich sich auf Wunsch beschränken lässt, so dass man parallel mit DHCP und Clients mit fixen IPs arbeiten kann.
Außerdem lässt sich auch der DHCP-Server so einstellen, dass er auf der Basis von MAC-Adressen an bestimmte Geräte immer dieselbe IP vergibt.
DynDNS ist ebenfalls nutzbar, wobei ich das nicht nutze und daher nichts zur Funktionalität sagen kann.
Im PPPoE-Betrieb kann eingestellt werden, ob der Router nach einer einstellbaren Zeit die Verbindung kappen soll oder nicht.
Beschränkungen bei der Auswahl von DSL-Providern gibt es keine. Zwar enthält der Einstellungsassistent vorgegebene Konfigurationsmasken für die verschiedenen T-DSL-Tarife von T-Online, aber man kann die Zugangsdaten ebensogut von Hand eingeben.
Der Router bietet die wichtigsten NAT- und Filtereinstellungen. Ports können beliebig geforwarded werden, wobei das lokale Ziel entweder ein Rechnername (praktisch bei reinem DHCP-Betrieb) als auch eine lokale IP-Adresse sein kann. Eine DMZ lässt sich ebenfalls einrichten.
Der Router hat eine standardmäßig aktivierte Firewall, die sämtliche Ports von außen dichtmacht. Der Shields-Up - Test zeigt ausschließlich grüne Kästchen. Über LAN->WAN-Filter (wahlweise mit Zeiteinstellungen) kann man dann entsprechend finetunen.
Eine Sicherung der Konfiguration des Routers ist natürlich ebenfalls möglich, ebenso wie ein Firmwareupdate. Übrigens wird auch die Firmware der MTs über die Basis geupdated, d.h. im Webinterface des Routers gibt es einen Menüpunkt, mit welchem man ein Firmwareupdate für die MTs lädt. Dieses befindet sich dann in der Basis. Am MT gibt es wiederum einen Menüpunkt "Update", der nachschaut, ob in der Basis ein MT-Update vorliegt. Von der Sache her ist es also absolut problemlos möglich und auch so vorgesehen, sowohl Router als auch MT zu updaten. Wann konkret was Neues kommt (insbes. was Neues bzgl. VoIP), wird man sehen...
Fazit
Auch ohne VoIP ersetzt das Gerät einiges an diversen Kästen, die man üblicherweise an der Wand hängen hat. Schön wäre gewesen, wenn auch das DSL-Modem gleich eingebaut gewesen wäre; diesen großen weißen Kasten hätte ich mir gerne erspart.
Wegen des Fehlens von VoIP ist das Gerät für viele Leute derzeit wahrscheinlich noch eher uninteressant, zumal der Preis (EUR 499,- für Basis plus ein Mobilteil) zumindest auf den ersten Blick auch nicht unbedingt das absolute Schnäppchen ist. Sollte VoIP irgendwann nachgerüstet werden, dann sieht das natürlich anders aus.
So, wie es jetzt ist, ist es ein hervorragend designtes ISDN-Komforttelefon mit so ziemlich allen Extras (ein integrierter AB wäre vielleicht noch ganz nett gewesen), einschl. eines schnurlosen Mobilteils und eines WLAN-Routers, der dem Stand der Technik entspricht. VoIP hin oder her - es ist ja aber nun noch längst nicht so, dass es nicht auch einen Markt für "normale" Geräte gäbe. Alles in allem also ein schön designtes Stück Hightech, in dem noch einiges an Potential stecken dürfte, von dem zu hoffen ist, dass es früher oder später nutzbar sein wird.