Der dpa Pressetext:
ZitatAlles anzeigenDie Handy-Tests der Stiftung Warentest haben nur
wenig Aussagekraft für ratsuchende Handy-Käufer. Zu diesem Ergebnis
kommt das Telekommunikationsmagazin "connect" (Ausgabe 10/2002, EVT
19. September). Nach Recherchen der Zeitschrift beschränkt die
Stiftung Warentest ihre Bewertung der Sende- und
Empfangseigenschaften auf so genannte Praxistests: Handys werden an
nicht näher genannten Orten mit schlechter Empfangssituation
ausprobiert. Darüber hinaus gehende Laboruntersuchungen unterbleiben.
"connect": "Solche Praxistests gleichen einem Nachtflug ohne Radar."
Eine ganze Reihe völlig unkontrollierbarer äußerer Einflüsse, die
sich sekündlich verändern können, machen die Reproduzier-barkeit der
Testergebnisse unmöglich und stellen die Aussagekraft damit in Frage:
In welcher Basisstation ist das Handy eingebucht, und welche
Frequenzen nutzt die Basisstation, wie ist die augenblickliche
Netzauslastung, oder wie sind die Wetter-bedingungen? Das sind nur
einige von vielen Faktoren, welche die Sende- und Empfangsbedingungen
der Handys beeinflussen und damit das Testergebnis verfälschen
können. Die "connect"-Redaktion war auf die problematischen Testaussagen aufmerksam geworden, nachdem ein Handy-Test im aktuellen "test"-Heft der Stiftung Warentest zu völlig anderen Ergebnissen führte als die von "connect" ermittelten. "Als größtes Telekommunikationsmagazin Europas hat ‚connect' eine besondere Verantwortung gegenüber seinen Lesern und steht unter strengster Beobachtung der Hersteller. Für die Richtigkeit unserer Testergebnisse bürgt das modernste und aufwändigste Messlabor einer Testzeitschrift weltweit. Messeinrichtungen im Wert von über einer Million Euro, eine
Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001:2000 und eine Akkreditierung nach
DIN EN ISO/IEC 17025 garantieren eine optimale Reproduzierbarkeit der
Ergebnisse. Allein für den Empfangs- und Sendetest eines Handys
werden 1.500 Einzelwerte in einem abgeschirmten Messraum ermittelt,
um sämtliche Störeinflüsse auszuschließen", so Hans-Martin Burr,
Chefredakteur von "connect".
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Text auf der Connect-Seite: Hans-Martin Burr, Herausgeber und Chefredakteur der Zeitschrift connect, hat sich aus den genannten Gründen in einem Brief an den Bereichsleiter Publikationen der Stiftung Warentest und test-Chefredakteur, Hubertus Primus, gewandt. connect veröffentlicht den Schriftwechsel.
Schreiben von connect-Chefredakteur Hans-Martin Burr:
Sehr geehrter Herr Primus,
in der aktuellen Ausgabe Ihrer Zeitschrift test 9/2002 haben Sie ab Seite 32 einen Vergleichstest von Handys veröffentlicht und kommen in diesem zu völlig anderen Resultaten als connect. Und das ausgerechnet beim wichtigsten Kriterium eines Handys: der Fähigkeit, gut zu telefonieren.
Um nur ein Beispiel zu nennen: Das Nokia 8910 schneidet bei Ihnen im D-Netz ("Funktion bei schwachem Netz") mit einem "sehr gut" ab – bei connect erreicht es mit nur 18 Prozent der möglichen Punktzahl ("Sende- und Empfangsqualität über Antenne") lediglich ein "ungenügend". Eine Auswahl weiterer Beispiele finden Sie in der untenstehenden Tabelle.
test (Wertung/Verbalnote) | connect (Prozentpunktzahl/Verbalnote)
1. Handy: Nokia 5210 (Vorletzter im Test)
D-Netz: + gut | 42 % mangelhaft
E-Netz: ausreichend | 64 % ausreichend
2. Handy: Nokia 8910 (Testsieger mit sechs anderen)
D-Netz: ++ sehr gut | 18% ungenügend
E-Netz: + gut |32 % ungenügend
3. Handy: Nokia 6510 (Testsieger mit sechs anderen)
D-Netz: + gut | 40 % mangelhaft
E-Netz: + gut | 56 % ausreichend
4. Handy: Sony Ericsson T68i (Testsieger mit sechs anderen)
D-Netz: ++ sehr gut | 30 % ungenügend
E-Netz: + gut | 50 % ausreichend
- test-Kriterium: Funktion bei schwachem Netz (D-Netz und E-Netz)
- connect-Kriterium: Sende- und Empfangsqualität über Antenne (D-Netz und E-Netz)
Diese extremen Differenzen lassen sich nicht erklären. Schließlich sprechen wir von einem Kriterium, das sich messtechnisch eindeutig belegen lässt – und bei dem subjektive Kriterien demzufolge außen vor bleiben.
Warum also sind die Ergebnisse derart unterschiedlich? Liegen Messfehler vor? Sind die Messbedingungen so verschieden? Oder sind die Testmuster derart unterschiedlich? Genau diese Fragen sollten wir klären.
Dem Verbraucher ist nämlich nicht damit gedient, wenn wir ihn mit solch widersprüchlichen Aussagen im Regen stehen lassen. Außerdem investiert connect viel Energie, Know-how und Geld in Handy-Tests, um unseren Lesern praxisnahe, seriöse und nachvollziehbare Ergebnisse zu liefern. Da Ihre Testmethoden sowohl in der aktuellen Ausgabe als auch im Handy-Test der Ausgabe 12/01 nur sehr rudimentär beschrieben werden, bitte ich Sie, uns Ihre Messmethodik – besonders in puncto Funk- und Akustikmessungen – zu erläutern. Im zweiten Schritt können wir dann gerne die Einzelmessergebnisse und bei Bedarf auch die Testgeräte für Gegenmessungen austauschen. Nur so können wir möglichen Mess- oder Interpretationsfehlern auf den Grund gehen. Die Beschreibung unserer Messgeräte und Methodik finden Sie anbei. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns unseren Lesern gegenüber erklären wollen. Daher bitten wir Sie um Stellungnahme bis zu unserem Redaktionsschluss am 12. September.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Martin Burr
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Stellungnahme der STIFTUNG WARENTEST per E-Mail:
Sehr geehrter Herr Burr,
wie eben telefonisch avisiert, die vom zuständigen Leiter unserer Abteilung Produkttests I, Jürgen Nadler und dem zuständigen Projektleiter Dr. Bernd Schwenke erarbeitete Stellungnahme. Für einen vertieften methodischen Austausch, den ich sehr begrüßen würde, sind die beiden Herren die zuständigen Ansprechpartner.
Mit freundlichem Gruß
Hubertus Primus
Chefredakteur test
Bereichsleiter Publikationen
Bei Tests von Mobiltelefonen wurden bei gleichen (nicht den selben!) Produkten von unseren Zeitschriften test und connect unterschiedliche Urteile bei einzelnen Prüfpunkten angegeben.
Ganz abgesehen davon dass Unterschiede aufgrund einer unterschiedlichen Zielgruppe bei den Lesern (Berufsstand, Alter, Bildung) durchaus berechtigt sein können ist festzustellen, dass bei der Gesamturteilsfindung auch objektive Messwerte in subjektive (aber begründbare) Bereichsgrenzen der Notenstufen eingeordnet werden. Um zu einem Gesamturteil für das Produkt zu gelangen, werden sie mit einem subjektiven (aber ebenfalls begründbaren) Wichtungsfaktor multipliziert. Dies erklärt viele Unterschiede.
Bei technischen Messungen sollten die Messergebnisse unterschiedlicher Labore im Rahmen der Messgenauigkeit und der Produktstreuung natürlich übereinstimmen.
In dem von Ihnen genannten Testkriterium, der Fähigkeit eines Handys, gut zu funktionieren, gibt es zwischen unseren Zeitschriften unterschiedliche Konzeptionen der Testausführung und auch damit werden unterschiedliche Urteile erklärbar.
Die Messungen für connect werden hochtechnisiert ausgeführt, über 1.500 Einzelmessungen tragen zur Urteilsfindung bei. Am Ende kommen wieder Bewertungsgrenzen und Wichtungsfaktoren hinzu, um ein prägnantes Urteil entstehen zu lassen. (Transparent, aber nicht unumstritten sind beispielsweise Abwertungen aufgrund fehlender Schnittstellen zu Hochfrequenz-Messadaptern.)
test lässt die Handys im wesentlichen durch vergleichende Praxisversuche prüfen, zur Prüfung der Sprachverständlichkeit wird beispielsweise Hintergrund-Straßenlärm eingespielt. Um schwache Netze zu simulieren, werden als empfangsproblematisch bekannte Räume innerhalb sonst gut versorgter Gebiete aufgesucht.
Um möglichen Ungereimtheiten auf die Spur zu kommen, schlagen wir folgende weitere Schritte vor:
1. Ausschalten von Produktstreuungen: Benennen wir einige Handys (mit den 4 genannten sind wir einverstanden), die wir austauschen, um die Produkteigenschaften mit der jeweils eigenen Messmethode zu bestimmen. Vorgeschlagener Modus: alle Geräte eine Wochen bei Ihnen, dann eine Wochen bei uns.
Hintergrund: connect berichtet etwa 4 - 6 Monate vor test über neue Handys, möglicherweise beeinflussen Softwareupdates oder Produktionsänderungen in der laufenden Fertigung die Produkteigenschaften.
2. Erweiterte Praxistests von Empfangssituationen. connect prüft durch vergleichende Praxisprüfungen (ähnlich wie derzeit die STIFTUNG WARENTEST) die Übertragungseigenschaften. Hierbei sollte eine zu den test-Resultaten ähnliche Hitliste der Geräte entstehen
Oder besser gemäß wissenschaftlicher Vorgehensweise: connect benennt Orte, Zeiten oder Betriebsbedingungen, bei denen die als ungenügend beurteilten Handys nur ungenügend funktionieren, besser beurteilte Geräte jedoch benutzbar sind. Dort, dann und so wird, gerne gemeinsam, geprüft.
Hintergrund: Bereits vor Jahren hatte die STIFTUNG WARENTEST technischen Messungen zur Sende und Empfangsqualität der Handys ausführen lassen. Jedoch ergaben sich Widersprüche zu dem tatsächlichen Verhalten der Geräte in der Praxis. Diese Widersprüche waren für uns erklärbar durch Handyeigenschaften (z. B. Sensitivität, Selektivität, Synchronisationsfähigkeit und Fehlerkorrektur) und der Umgebungsparametern (Sende- und Empfangssignalstärke des Netzes und elektromagnetischer Störnebel durch andere Sendegeräte). Im Ergebnis haben wir den Praxismessungen mehr vertraut und die aufwändige technische Empfangsmesserei eingestellt.
Es ist durchaus möglich, dass inzwischen die technische Messverfahren so ausgereift sind, dass sie die Praxistests sinnvoll ersetzen oder ergänzen können. Das wird zu beweisen sein.
3. Sonstige Meinungsbilder befragen
Im Internet habe ich auf der Seite [von dooyoo.de, Anm. d. Red.] die kritischsten Meinungen 5 von ca. 20 zum Nokia 6510 gesichtet: Empfangseigenschaften wurden mit mindestens gut bewertet, Probleme zum Empfang habe ich (bei einer Stichprobe) nirgendwo gelesen.
Dr. Bernd Schwenke
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Antwort von Hans-Martin Burr per E-Mail:
Sehr geehrter Herr Primus,
vielen Dank für Ihr Schreiben, einen vertiefenden methodischen Austausch nehmen wir gerne auf. Nicht nur darum würde ich Sie aber bitten, der Bitte meines ersten Schreibens zu entsprechen und mir die Beschreibung der Testmethodik und der Testbedingungen Ihrer vergleichenden Praxisversuche der Übertragungseigenschaften von Handys zukommen zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Martin Burr
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Antwort von Hubertus Primus per E-Mail:
Sehr geehrter Herr Burr,
ich habe Ihre Bitte an Herrn Nadler und Herrn Schwenke weitergeleitet, die für diese Frage die direkten Ansprechpartner sind.
Gruß, H. Primus
Was haltet Ihr davon, zumal die Connect-Tests selber hier sehr oft in Kritik stehen.