Wahl in Schleswig Holstein, Wählerauftrag ?

  • Zitat

    Original geschrieben von bobhund
    Das Wahlergebnis von über 3% zeigt außerdem, dass sich auch viele Menschen, die nicht der Minderheit angehören, dem SSW ihre Stimme geben, weil sie deren Politik für gut befinden.


    Das wiederum geht ja erst seit 2000 und der Aufhebung des Einstimmenwahlrechts. Und die dann eingeführte Regelung, daß der SSW über eine Landesliste gewählt werden kann, obwohl er sich nur regional aufstellt wurde eben vor dem BundesVerfG angefochten und dort für rechtens erklärt. :)


    Und warum die CDU gegen das Zweistimmenwahlrecht des SSW war/ist, zeigt sich jetzt. ;)

  • Zitat

    Original geschrieben von bobhund
    ... Das Wahlergebnis von über 3% zeigt außerdem, dass sich auch viele Menschen, die nicht der Minderheit angehören, dem SSW ihre Stimme geben, weil sie deren Politik für gut befinden.


    Denkfehler: Die Wahlbeteiligung beträgt nicht 100%. Also bedeutet es entweder was Du geschrieben hast, oder, dass die Wahlbeteiligung bei dieser Gruppe überdurchschnittlich hoch ist (das würde ich eher bei einer Minderheit erwarten).


    Grüße, realemu

  • Zitat

    Original geschrieben von andi2511
    @ Dingens:


    Der postulierte "Wählerwille" leitet sich aus dem Umstand ab, daß der Wahlsieger das ungeschriebene Recht besitzt, die Regierung zu bilden.


    Nicht, dass ich nach unserem Treffen im Fussballthread, schon wieder speziell dich auf dem Kiecker habe, aber ich würde schon gerne wissen, wovon Du dieses "Gesetz" ableitest. In den 4 Wahlen während der sozialliberalen Koalition im Bund war die CDU dreimal klar stärkste Fraktion (nicht Partei, denn davon gibt es ja zwei...) und einmal war die SPD knapp vorne. Trotzdem war allen Beobachtern klar, dass es eine sozialliberale Koalition geben würde.
    Solche Beispiele sind mannigfalitg und widerlegen dieses "Gesetz".

    Zitat

    Original geschrieben von andi2511
    Man kann nämlich meines Erachtens nicht einfach die Wahlergebnisse addieren, denn das Schwarz-Gelb z.B. keine Mehrheit hat, liegt an der FDP und nicht an der CDU, die als Wahlsieger aus der Wahl geht - eine getrennte Bewertung tut also aus meiner Sicht schon Not. :)


    Doch man kann ;). Wenn eine Gruppe von Parteien mehr als die Hälfte der Sitze hat, kann sie die Regierung stellen. Punkt. Alles weitere ist schon Interpretation.
    Ich gebe Dir Recht, dass man die Begriffe "Wahlsieger" und "destinierte Regierung" trennen muss. Wenn z.B. die CSU in Bayern von ihrer Zwei-Drittel Mehrheit auf knapp über 50% fiele, wäre sie klarer Wahlverlierer, aber niemand würde ihr ernsthaft das Recht zu regieren absprechen. Mit Ausnahme der Dampfplauderer zu denen alle Politiker am Wahlabend degenerieren.

    Zitat

    Original geschrieben von andi2511
    Die Frage ist aber sehr interessant, wenn man annimmt, daß der Wähler bewusst ein Bündnis wählt, wofür es ja bei Bundestagswahlen auch durch z.B. das Splitting der Erst- und Zeitstimme Anzeichen gibt.


    Gibt´s das in Schleswig Holstein etwa nicht?



    Zitat

    Original geschrieben von andi2511
    Das wiederum wäre ja nun ein völlig instabiles Mehrheitsverhältnis und würde einer faktischen Regierungsunmöglichkeit schon ziemlich nahe kommen.


    Auch das ist wieder Interpretation. Die Bundestagswahl 1994 gab am Wahlabend der schwarz-gelben Koalition (ohne spätere Überhangmandate) genau eine Stimme Mehrheit. Damals hieß es dann, das sei viel besser als 10 Stimmen Mehrheit, da so viel mehr Disziplin herrschen würde... Es geht also in beide Richtungen.

  • Moin
    gehe das mal durch...
    Abakus:

    Zitat

    Dazu kommt, dass der SSW unter Normalumständen nicht im Landtag säße. Würde für ihn wie für alle anderen Parteien die 5%-Klausel gelten, hätten CDU-FDP eine Mehrheit...


    Dazu hat bobhund ja nun schon was geschrieben, was isch genauso sehe..die Frage , ob der SSW unter Normalumständen (die es hier halt nicht gibt), stellt sich nicht.

    Zitat

    Es könnte ja gut sein, dass 745 Dänen unter diesen Umständen "ihre" Partei gewählt haben, aber den Politikwechsel wollten und unter anderen Voraussetzungne Schwarz-Gelb gewählt hätten...


    Dann haben sie aber was falsch gemacht, denn wenn man CDU will, sollte man die auch wählen...oder seinem Wunsch in Form von Stimmensplitting auf Erst- und Zweitstimme Ausdruck verleihen. Da wie weiter oben schon erwähnt wurde, die politischen Programme der SSW näher an der SPD dran sind, als an der CDU, halte ich diese Annahme allerdings eh nicht für haltbar. Und wenn wir anfangen drüber zu diskutieren, was der Wähler eigentlich wollte, aber dann nicht gewählt hat, brauchen wir eine große Kristallkugel.


    Andi

    Zitat

    Der postulierte "Wählerwille" leitet sich aus dem Umstand ab, daß der Wahlsieger das ungeschriebene Recht besitzt, die Regierung zu bilden.


    Naj, aber auf ungeschriebene Gesetze kann man, gerade in D, doch nicht bauen....
    Bei der getrennten Bewertung der Ergebnisse für die einzelnen Parteien gebe ich Dir recht, allerdings war eigentlich vorher klar, dass es nicht zur absoluten Mehrheit für eine der Parteien kommen würde. Daher sollte es auch klar gewesen sein, dass man mit Stimme für CDU oder FDP eigentlich eine Koalition wählt. Und da muß man dann schauen, welche der potentiellen Koalitionen (oder Politikrichtungen) einm am nächsten steht. Und daher bleibe ich bei meiner Aussage: Die Politikrichtung, die Rot/Grün/SSW vertreten, hat eine kleine Mehrheit in SH, und die Politikrichtung CDU/FDP hat leider keine. Fertig aus. ;)


    Flo

    Zitat

    Die Probleme, die SH hat, sind zu erst, als dass man hier ein Experiment macht. Eine Tolerierung hat in Deutschland schon einmal nicht funktioniert (Sachsen-Anhalt).


    [url=http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/31/0,1872,2264031,00.html]Lies mal das hier...[/url], solch ein Experiment ist das gar nicht. Und Sachsen Anhalt hast doch auch lange gehalten.....


    bobhund:
    Schöne Ausführung zum Thema "Minderheiten". Sehe ich genauso..
    [url=http://www.spiegel.de/politik/debatte/0,1518,342923,00.html]Ergänzung vom Spiegel[/url]
    Grüße
    Der Dingens

  • Zitat

    Original geschrieben von holden
    Nicht, dass ich nach unserem Treffen im Fussballthread, schon wieder speziell dich auf dem Kiecker habe, aber ich würde schon gerne wissen, wovon Du dieses "Gesetz" ableitest.



    Richtigerweise apostrophierst du das Wort, denn es ist wie beschrieben ein ungeschriebenes Initiativ"recht" zur Regierungsbildung. Theoretisch und praktisch ist natürlich jedes Mehrheitsverhältnis rechtens und legitim.



    Zitat

    In den 4 Wahlen während der sozialliberalen Koalition im Bund war die CDU dreimal klar stärkste Fraktion (nicht Partei, denn davon gibt es ja zwei...) und einmal war die SPD knapp vorne. Trotzdem war allen Beobachtern klar, dass es eine sozialliberale Koalition geben würde.
    Solche Beispiele sind mannigfalitg und widerlegen dieses "Gesetz".


    Dazu ist aber zu sagen, daß es ein Drei-Parteien-Parlament war und sich die Frage der Minderheitenregerung dadurch nicht stellte und sich die Erfordernis einer sozialliberalen Koalition aus dem Vertrauensbruch der CDU/CSU mit der FDP von 1966 ergeben hat. Es kam daher keine andere Mehrheitssituation in Frage außer einer Großen Koalition. Das wiederum ist in SH ja ähnlich. Verstehe mich nicht falsch, es geht mir nicht um eine Verteidigung oder Kritisierung einer Minderheitsregierung bzw. Mehrheitsbeschaffung des Wahlverlierers, sondern um die Ausgangsfrage, warum sich die CDU in SH übergangen fühlen könnte. :)


    Und obwohl kein ausgemachter CDU-Sympathisant habe ich dafür ein gewisses Verständnis, vor allem auch, wenn man sich die Aussagen von Simonis bezüglich einer tolerierten Minderheitsregierung vor der Wahl noch einmal vor Augen ruft oder sich überlegt, was sie neulich in der ARD-Reportage über die Macht in der Politik zum Thema Machterhalt um ihrer selbst Willen gesagt hat. Ganz zu schweigen von den Wählerbewegungen, die - auch wenn es für die Mehrheitsbeschaffung irrelevant ist - schon einen gewissen Aufschluß über einen imaginären Wählerwillen geben können. ;)


    Es geht aber auch um die in der Politikwissenschaft und offensichtlich auch in der Politik (siehe Reaktion der CDU) existente Meinung, es gebe ein ungeschriebenes moralisches Initiativrecht des Wahlsiegers zur Regierungsbildung (Falls du es mir nicht glauben magst, lade ich dich gerne ein, es hier in meinem Lehrbuch bei einem Tasse Kaffee nachzulesen. ;) ). Daß das eher symbolischer Natur ist, ergibt sich aus der Tatsache, daß natürlich jeder mit jedem wann, wo und über was er möchte frei verhandeln kann und manifestiert sich in den von dir genannten Fällen der sozialliberalen Koaliton. Aber das spricht ja nicht gegen das Vorhandensein eines solchen "Kodex".


    Zitat

    Doch man kann ;). Wenn eine Gruppe von Parteien mehr als die Hälfte der Sitze hat, kann sie die Regierung stellen. Punkt. Alles weitere ist schon Interpretation.


    Damit beschäftigt sich mein Fach. ;)

    Ich meine, was du in deiner weiteren Ausführung ja bestätigst.



    Zitat

    Gibt´s das in Schleswig Holstein etwa nicht?


    Was? :confused:



    Zitat

    Auch das ist wieder Interpretation. Die Bundestagswahl 1994 gab am Wahlabend der schwarz-gelben Koalition (ohne spätere Überhangmandate) genau eine Stimme Mehrheit. Damals hieß es dann, das sei viel besser als 10 Stimmen Mehrheit, da so viel mehr Disziplin herrschen würde... Es geht also in beide Richtungen.



    Und womit festigt Schröder seine dünne Mehrheit? Mit angedrohten Vertrauensfragen. Wenn das politische Stabilität ist, dann weiß ich auch nicht. ;)


    PS: Ich habe SPD gewählt. ;)


    @ Dingens: du hast ja nicht nach der Durchführbarkeit oder Praxisrelevanz ungeschriebener Gesetze gefragt, sondern woher sich die CDU die Gewissheit nehme, sich als Wahlsieger zu fühlen. ;)

  • Zitat

    Original geschrieben von andi2511
    Es gab in der Geschichte der BRD keine vier sozialliberalen Koalitionen auf Bundesebene oder verstehe ich dich falsch?


    69-72, 72-76, 76-80, 80-83.



    Edit. Muss natürlich bis 82 heissen.

  • Zitat

    Original geschrieben von holden
    69-72, 72-76, 76-80, 80-82.


    Siehe Edit, Mißverständnis bzw. Begriffs- :apaul: und - :gpaul: meinerseits.

  • [QUOTE] Original geschrieben von andi2511
    Was? :confused:
    [QUOTE]


    Die Möglichkeit, dass die Wähler sich strategisch verhalten haben, was Erst- und Zweitstimme angeht. Wenn es auch eine Strategie sein mag, die sich nicht so augenscheinlich ist.


    [QUOTE] Original geschrieben von andi2511
    PS: Ich habe SPD gewählt. ;)
    [QUOTE]
    Warum auch nicht? Jedem das Seine:D.


    Es mag zwar manchmal nicht einfach sein eine knappe Mehrheit als plausibel und stabil zu erklären, dass ändert aber nichts an den Mehrheitsverhältnissen.
    Denn eine Sache ist im Allgemeinen und auch in diesen speziellem Fall sehr einfach, und zwar die "Gegenkoaliton" als instabil(er) zu erkennen, denn diese hat definitiv weniger und unter 50% der Sitze.
    Wenn es also um die Entscheidung zwischen rot-grün mit Tolerierung oder Teilnahme des SSW und einer schwarz-gelben Koaliton geht, so spricht alles für die erste Variante.
    Und wenn diese sich einig sind, wird jede Diskussion über andere Koalitionen überflüssig.
    Denn in unserem System ist jeder Abgeordnete (imho zum Glück) nur seinem Gewissen und nicht direkt dem Wähler verpflichtet. Zwar gibt es schwarze Schafe, diese kann man aber abwählen, während die Ineffizienz und Gelähmtheit eines Rätesystems von Dauer wäre. Auch das ist meine Meinung und keine Tatsache.

  • Der "Wählerwille" wird zumeist von Parteien benutzt, die zwar rein mathematisch den höchsten Stimmenanteil gewonnen haben, aber keine Mehrheit haben um zu Regieren und dann den Wählerwillen beschwören um trotzdem noch zu versuchen, zu regieren.
    Das wäre zum Beispiel wenn in Land X die A-Partei 40% bekommt , die B-Partei 30% und die C-Partei 30%. Wenn sich nun die B- und C-Partei zusammentun weil beide die A-Partei nicht leiden können, dann hat die A-Partei zwar die Wahl gewonnen, wird aber trotzdem nicht regieren weil sie keine Mehrheit hat.


    Meistens interessiert der Wählerwille einen nur solange, bis man an der Macht ist, dann wird er überflüssig.


    Was ich allerdings sehr heftig fand (und immer noch finde) waren die Warnungen an die SSW bzw. die Dänische Minderheit bzgl. Ressentiments bei "der falschen Wahl" des Koalitionspartners. Das war doch SEHR peinlich. :flop: :flop:

  • Zitat

    Es mag zwar manchmal nicht einfach sein eine knappe Mehrheit als plausibel und stabil zu erklären, dass ändert aber nichts an den Mehrheitsverhältnissen.


    Natürlich nicht, wobei plausiblel, legitimiert und faktisch vorhanden überhaupt nichts mit stabil zu tun hat.


    Zitat

    Wenn es also um die Entscheidung zwischen rot-grün mit Tolerierung oder Teilnahme des SSW und einer schwarz-gelben Koaliton geht, so spricht alles für die erste Variante.


    Richtig. Man könnte es aber auch im Sinne einer stabilen Mehrheit und im Sinne der Bevölkerung (denn dieses Modell ist Umfrage-Favorit) um die Möglichkeit der Großen Koalition erweitern. Nur darum ging es mir. ;)


    Gegen den SSW als Königsmacher spricht nämlich durchaus auch sein Sonderstatus. Die Bevölkerungsmehrheit hat in der Summe der Erststimmen nämlich für CDU/FDP gestimmt, die Listenstimmen sind sehr knapp zugunsten der SPD/Grünen/SSW ausgegangen, wobei diese ja eben nicht als Koalition zu sehen sind. Das nur als Stimmungsbild.


    Zitat

    Denn in unserem System ist jeder Abgeordnete (imho zum Glück) nur seinem Gewissen und nicht direkt dem Wähler verpflichtet.


    Es gibt einen Fraktionszwang, von dem der Abgeordnete nur in ausgemachten Gewissensfragen abweichen darf. Er ist daher nicht dem Wähler, wohl aber der Partei verpflichtet. Der freie Abgeordnete ist in einer Parteiendemokratie wohl eher ein Märchen. ;)


    Zitat

    Zwar gibt es schwarze Schafe, diese kann man aber abwählen, während die Ineffizienz und Gelähmtheit eines Rätesystems von Dauer wäre. Auch das ist meine Meinung und keine Tatsache.


    Worauf bezieht sich das jetzt?




    Zitat


    Warum auch nicht? Jedem das Seine:D.


    Aus strategischen Erwägungen täte ich es nicht nochmal. :D

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