Tv-Duell, die zweite

  • Zwischenbilanz:


    1. Christiansen hatte die Veranstaltung souverän abgespult. Illner wirkte mit ihren überlangen Fragen und holprigen Sätzen wie eine Volontärin aus einer Verbandszeitung.


    2. Über 90 Prozent der Antworten beider Kanditaten standen schon in den Medien. Der Stoff wurde wie auf Knopfdruck abgespult.


    3. Schröder wirkte durchgehend hochnäsig, gewollt staatsmännisch. Stoiber von Minuten zu Minute agressiver, dabei polterig.


    4. Schröders Antwort auf die Arbeitslosigkeit auf die Weltwirtschaftslage und dem 11. September abzuwälzen, wirkte wässrig. Das klassische 1x1-Scheinargument großer Unternehmen für deren schlechten Quartalszahlen. Das die Rezession längst vor dem Anschlag eingeläutet wurde, dürfte der Allgemeinheit bekannt sein. Auch hat mir nicht gefallen, dass er in der gestrigen Veranstaltung selbstgefällig sicher schien, dass er wiedergewählt wird.


    5. Würde das Team um Stoiber in einem Seniorenheim hausen, würde es beim täglichen Auslauf sicherlich nicht auffallen. So hatte Stoiber auf die Altersfrage kein rechtes Rezept parat. Auch beim Thema Irak drückste Stoiber herum und enthielt sich einer glasklaren Aussage. Bei anderen Inhalten punktete Stoiber allerdings mit klaren Zahlen überzeugend.

  • T39 hat mit seiner Analyse schon vollkommen Recht: die beiden Kandidaten haben ihr persönliches Profil inzwischen sehr stark präzisiert und gegeneinander abgegrenzt. Edmund Stoiber bringt viele Zahlen, Angriffslust und Emotionen ins Spiel (z.B. Deutschland ist ein großartiges Land), während Gerhard Schröder eher das Gegenteil versucht: er wirkt beschwichtigend, ruhig, gelassen, eben staatsmännisch. Dass er dabei die deutlich bessere Rhetorik als sein Herausforderer an den Tag legt, liegt sicherlich nicht nur an den Fähigkeiten der beiden, sondern auch daran, welche Zielgruppen beide durch ihre Worte erreichen wollen. Ich sag's mal provokativ:

    • Stoiber richtet sich eher an die "einfachen Leute", die Stammtische (=Multiplikatoren), Schwarzseher ;) und dort speziell Männer (-> Mittelstand, Wirtschaft).
    • Schröder spricht durch seine Art und ausgefeiltere Redetechnik eher die ruhigen, Sicherheit suchenden Menschen, die Intellektuellen, auffälligerweise in Sachthemen auch gerade Frauen an. Einige seiner Nebensätze waren gut gesetzt, sie waren für manche aber kaum verständlich, wenn man "Plattitüden" gewohnt ist.

    Krähe brachte es auch den Punkt: jeder Zuschauer wird nach dem Duell seinen Favoriten als Sieger sehen. Schließlich haben beide ihr Profil, das ja genau das ist, was einem schon vorher gefallen haben muss, nur bestätigt und gefestigt. Da neue Sachfragen kaum beantwortet wurden (bis auf Kindergeld vielleicht), kann man sich bei der Auswertung dieses Duells auch ruhigen Gewissens auf die Präsentation der beiden Kandidaten beschränken. ;)


    Die Duelle hatten allein schon dadurch ihre Daseinsberechtigung, dass so mehr Menschen über Politik reden - wenn auch nur im Zusammenhang mit Persönlichkeiten zweier Parteien, aber immerhin. Ich bin sicher, dass durch solche Veranstaltungen die Wahlbeteiligung dieses Mal steigen wird.


    Gruß vom Schwob :)

    Wenn Du etwas gut kannst, ist es Zeit, etwas Neues zu lernen.

  • Also ich bin auch der Meinung, dass die Wahl viel zu sehr auf diese 2 Herren bezogen ist. Findet ihr nicht auch, dass man in seine Wahlentscheidung auch eventuelle andere Minister vielleicht einbeziehen sollte?!
    Und hier liegen, auch wenn mir Stoiber nicht sehr sympatisch ist, in seinem "Kompetenzteam" doch seine klaren Vorteile gegenüber dem Team Schröder.
    Insbesondere einen Günther Beckstein und einen Lothar Spät kann auf ihren Positionen in Deutschland wohl keiner toppen.
    Lothar Spät war 12 Jahre erfolgreicher Ministerpräsident und hat nach dieser Amtszeit die Firma Jenoptik mit zu dem gemacht was sie heute ist, und die Zahlen der Firma und der Firmaenübernahme seitens Jenoptik sprechen ja wohl für sich. Ausserdem meine ich doch, dass in Zeiten wie diesen der Wirtschaftsminister ein bekannter Mann sein sollte?! Und wer weiss schon wer unter der jetzigen Regierung dieses Amt besetzt!? (Nebenbei ich weiss es: es ist der Herr Müller)
    Und zum Thema innere Sicherheit will ich noch sagen, dass der Schilly seinen Job sicher nicht schlecht macht, aber Beckstein finde ich troztdem besser. Was der in Bayern leistet und geleistet hat ist echt vorbildhalf (Jüngstes Beispiel: Chaostage in München, bei denen nicht eine Fensterscheibe zu Bruch gingen).


    Ebenso ist ein Annette Schavan wohl eine sehr fähige Frau in Sachen Bildung und Erziehung. Sie hat es immerhin geschafft Baden-Württemberg auf den 2.Platz hintern Bayern (im innerdeutschenVergleich) bei der Pisa-Studie zu bringen.


    Ich spare mir jetzt meine Ausfürhrungen zu Schäuble, Merz, Reiche etc. aber ich denke es sind auch nicht gerade unfähige Leute.


    und noch schnell zum Thema Bayern: In über 40 Jahren CSU-Regierung in Bayern ist sicher auch viel Mist gemacht wurden, aber Tatsache ist , dass Bayern es geschafft hat, von einem Nehmer-Land zum stärksten und bedeutensten Geberland zu werden. Und in Bereichen wie Bildung, innere Sicherheit usw. kann kein anderes Bundesland mithalten, und schon 10mal kein SPD-regierdes Land.


    P.S.: ich bin kein CDU/CSU-ler und mache mein kreuzchen auch bei keiner der großen Volksparteien ... ich blicke bloss den Tatsachen ins Auge...


    Gruß

  • Zitat

    Original geschrieben von Brotkrümel
    und noch schnell zum Thema Bayern: In über 40 Jahren CSU-Regierung in Bayern ist sicher auch viel Mist gemacht wurden, aber Tatsache ist , dass Bayern es geschafft hat, von einem Nehmer-Land zum stärksten und bedeutensten Geberland zu werden. Und in Bereichen wie Bildung, innere Sicherheit usw. kann kein anderes Bundesland mithalten, und schon 10mal kein SPD-regierdes Land.


    Ich sage es noch mal - frage Dich, mit welchen Mitteln Bayern das alles erreicht hat. Ich wohne wirklich gerne in Bayern, aber bei all der Freude über den Wohlstand sollte man auch nicht vergessen, auf welche Weise er im Laufe der Jahre zustande gekommen ist und sich gefestigt hat.

    Sic gorgiamus allos subjectatos nunc.

  • Sicherlich sind einige der angeführten Punkte von mir nur Schlagworte und nicht ausgefeilte Argumente...(das würde nämlich ganz sicher den Rahmen hier sprengen (und wie schon heute Nacht angemerkt,habe ich eigentlich keine Lust dies an einem Ort zu tun, an dem ich meinem Hobby nachgehe...)


    Nur geht es hier auch in erster Linie um das Duell und nicht um die Politik der Parteien und da kann ich den meisten hier nur zustimmen, dass beide Duelle nicht wirklich was aussagen bzw. eine wirkliche Hilfe für eine Wahlentscheidung sind...


    Grüße


    @ Andre Ist vielleicht falsch rüber gekommen, ist meine persönliche Erfahrung dass es mir und vielen die ich kenne schlechter geht, sollte nicht wirklich für jeden Bürger gelten (Herrn Lafontain der nur ein paar Tage Minister war und trotzdem abkassiert, gehts bestimmt recht gut ;)...)


    Natürlich kann man Landespolitik nicht 1 zu 1 auf Bundespolitik übertragen, aber zumindest ist es das selbe Betätigungsfeld, nämlich Politik...(Formel 1 und Fussball sind zwei verschieden Welten;) )

    on a mission 42.195...
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  • Zitat

    Original geschrieben von Brotkrümel
    Ebenso ist ein Annette Schavan wohl eine sehr fähige Frau in Sachen Bildung und Erziehung. Sie hat es immerhin geschafft Baden-Württemberg auf den 2.Platz hintern Bayern (im innerdeutschenVergleich) bei der Pisa-Studie zu bringen.

    Frau Schavan ist nun zufällig jemand, hinter deren Kulissen meine Frau als Gymnasiallehrerin in Baden-Württemberg einigermaßen vollständig oder zumindest recht gut blicken kann. Und was Frau Schavan gemacht hat, war hauptsächlich, sich geschickt in den Medien zu platzieren, von den Pfründen der Vorgänger zu profitieren und eine völlig an der Realität vorbeigehende Planung des Abiturs ins Auge zu fassen. Ein Beispiel: sie will dem Deutschunterricht mehr Gewicht verleihen - das hört sich in der Presse toll an! Ihr Instrument ist ein geplanter Deutsch-Klassenverband bis in Klasse 13, also den Wegfall des Deutsch-Leistungs- und Grundkurses. Der Effekt wird in meinen Augen (und denen aller Lehrer, die meine Frau gefragt hat) sein, dass das Niveau dieser Deutsch-Klassen maximal das eines bisherigen Grundkurses sein kann:

    • weil alle schlechten Deutsch-Schüler zusammen mit den "Leistungsfach-Willigen" wären und hinter deren Fähigkeiten wegen des Frustes bleiben werden oder einfach durchs Anspruchs-Raster fallen,
    • weil das Kurssystem komplett unterhöhlt wird und die Schüler plötzlich komplett wieder zeitweise in "alten Klassenverbänden" sitzen, die die Stundenplanung erschweren,
    • weil der Klassenverband wesentlich größer als 20 Schüler sein wird. Die Größe von Kursen ist ja viel kleiner als die geplanten Klassen. Diese größeren Klassen sparen bares Geld bei der ansonsten nämlich dringend nötigen Einstellung neuer Lehrer. Das halte ich übrigens für den wahren Grund hinter dieser "Reform".

    Soviel wollte ich mal zur Kompetenz des Stoiberschen Schattenkabinetts in Sachen Bildung loswerden. Frau Schavan ist eher erfolgreich in Sachen Profilierung als in Sachen Bildung - imho.


    Gruß vom Schwob :)

    Wenn Du etwas gut kannst, ist es Zeit, etwas Neues zu lernen.

  • Stimmt das denke ich auch DrSchwob ...


    Anscheinend hat Frau Schavan nie in einem Leistungskurs gesessen und weiß dementsprechend nicht wie doll einem, gerade der Deutschleistungkurs, Bildung mit auf dem Weg geben kann... Ich jedenfalls sehne mich oft nach dem Leistungskurs zurück, nicht nur lernt man zu diskutieren auf hohen Niveau sondern auch eine ganze Menge über deutsche Literatur und gerade eben auch über Politik...
    Gerade die Kursgröße von ~15 Schülern empfand ich als sehr angenehm, es gibt etliche Studien die beweisen, daß größere Gruppenstärken das Lernniveau eher beeinträchtigen als fördern - gerade in den Jahren des Abiturs ist es wichtig, daß man in Ruhe lernen kann...


    just my 0.02€

    -> Tristan @ Work <-
    --

  • @Brotkrümmel


    Die Wahl ist wirklich zu sehr auf Stoiber/Schröder fixiert, leider...


    Bin mal gespannt wie sich das auf die Stimmen für die kleinen Parteien auswirkt.


    Aber genauso wie Du Dich auf einen Herrn Späth und eine Frau Schavan freust, möchte ich auf viele der derzeitigen Minister nicht verzichten.


    Beispiele sind Herr Eichel, Herr Schily, Herr Fischer, Herr Tritin und Frau Künast, die meiner Meinung nach in ihren Bereichen einen hervorragenden Job mit großer Hingabe machen und von dem was sie da machen auch eine Menge verstehen.


    Perfekt ist ein Kabinett leider nie. Ich würde mir z.B. auch einen anderen (besseren) Bildungsminister wünschen. Ob Frau Schavan das ist möchte ich aber bezweifeln.


    Lothar Spät wäre wahrscheinlich wirklich kein schlechter Wirtschaftsminister. Aber ob er soviel verbessern kann? Herr Müller hat auch jahrelang in der freien Wirtschaft gearbeitet und dürfte diese Seite auch gut genug kennen.


    Leute wie Herrn Seehofer, der damals schon prächtig gescheitert ist, möchte ich dagegen nun wirklich nicht mehr sehen.

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