Wie können solche Richtersprüche zustande kommen?

  • Zitat

    Original geschrieben von Abakus
    .... Psychisch kranke Menschen haben nunmal vor allem ein Problem: Ihre Krankheit zu erkennen. Nur wenn der Patient selber Einsicht hat, die Krankheit zu haben, ist er überhaupt therapierbar. Psychopathen neigen nunmal häufig dazu, sich selbst für völlig normal zu halten...

    Hm. Zunächst mal: es kommt ganz auf die Störung an, ob die Betroffenen das selbst erkennen. Angstpatienten z.B. wissen ganz genau, dass mit ihnen was nicht stimmt. Ob sie dann aber auch gleich oder freiwillig in Therapie gehen steht nochmal auf einem anderen Blatt - das kommt u.a. auf den persönlichen Leidensdruck an. Vorteil bei den Angstpatienten ist (um mal beim Beispiel zu bleiben), dass sie niemand anderst schaden (oder Schaden zufügen), wenn sie sich von Brücken, Höhen jeglicher Art, Menschenmengen etc. fernhalten.
    Bleibt die Frage, zu welcher Gruppe die 'Kinderschänder' gehören - sofern sie sich überhaupt in eine einzige Gruppe bringen lassen. Auch "Psychopathen" gibt es zwar in der Umgangssprache, aber nicht im ICD-10, Kap. F ;)
    Wo ich Dir weiter widerspreche ist der Punkt, dass selbst wenn diese Leute sich für normal halten und sich keiner Schuld bewusst sind, sie heutzutage in jeder Zeitung von Bild bis FAZ und in jedem Sender von RTL2 bis arte zu hören bekommen, dass das was sie da machen "nicht in Ordnung" und auch strafbar ist. Soweit ich weiß, kommt ein Großteil der Täter aus dem familiären Umfeld und geht auch meist einer stinknormalen Arbeit nach - sorry, denen kaufe ich ihre "Nicht-Verantwortung" schlichtweg nicht ab - ja, ich spreche sie ihnen sogar ab. Auch den Ersttätern. Wobei ich das in sofern einschränke, dass ich mit Dir übereinstimme, dass die Störung beim Strafmaß mit berücksichtigt werden kann - wobei der Umfang immer vom Einzelfall abhängt.


    Zitat

    Original geschrieben von Sebastian
    Kein Mensch hat die Urteilsbegründung gelesen und sich damit ein wirkliches Bild machen können, aber es wird wild theoretisiert und spekuliert.

    Nun, was den konkreten berichteten Fall angeht ist das sicherlich richtig. Ob hier die 3 Jahre jetzt angemessen sind oder nicht können wir natürlich nicht sagen (aber eine Meinung zu haben :D). Deshalb habe ich zu dem Strafmaß in dem Fall oder auch allgemein eine Aussage bewusst vermieden - dazu bin ich zu sehr Pragmatiker als würde ich da jetzt alle über einen Kamm scheeren wollen.


    Was aber auch ich höchst seltsam finde sind die verschiedenen Strafmaße für verschiedene Taten. Werner Koczwara hat das im Kabarett mal umgedreht betrachtet: Was bekomme ich für welches Strafmaß? Für den Preis von 1 Jahr ohne Bewährung kann ich mir aussuchen xyz, für 3 Jahre o.B. abc usw. Da kann man teilweise nur den Kopf schütteln wenn man das vergleicht.


    Allgemein gesehen halte auch ich es je nachdem was an Mißbrauch vorgefallen ist (um mal zum Thema zurück zu kommen) für fragwürdig, die Verurteilten wieder in ihre Umgebung zurück zu lassen. Auch so Auflagen wie "er hat sich von dem Kind fern zu halten" sind Käse - wie soll das bei Nachbarn denn im Alltag funktionieren? Sie fährt mit dem Rad vor den Häusern auf und ab, und er wird grad von der Frau verdonnert den Müll vor die Tür zu bringen. Tja: und nun? Auch hier haben wir teilweise wieder mehr Täterschutz als Opferschutz (was auch oft vom Weißen Ring bemängelt wird).

    Q: I've always tried to teach you two things. First, never let them see you bleed.
    Bond: And the second?
    Q: Always have an escape plan...

  • Na da werde ich auch mal meinen Senf dazu geben, also...


    Ein Problem ist, dass Juristen per Gesetz von einem anderen Begriff bei "psychischer Krankheit" ausgehen, als Psychologen,-iater etc. D.h., dass Gutachter den Angeklagten untersuchen können, aber letztendlich die Juristen entscheiden, was bei dem Angeklagten vorliegt und wie darauf die Gesetze anzuwenden sind. Nur soviel zu dem Thema "meine Jugend war schwer, Vater Alki, Muttern nie da und deswegen mußte ich (wahlweise Leute einsetzbar) umbringen". Dass unser Strafrecht den seltsamen Gedanken Prävention und Veränderung/Erziehung vor dem Strafgedanken hat, führt dann u.a. auch zu solch seltsamen Urteilen.


    Im Allgemeinen kann ich all denen Recht geben, die sagen: "solche Kerle werden sich nie ändern!". Können sie nicht, denn die Pädophilie z.B. ist nicht heilbar. Genauso nicht wie die Vorliebe für Süßspeisen, Lieblingsfarben etc. Man kann diese Leute in der Therapie nur so weit bringen, dass sie in Zukunft lernen sollen, ihren Trieb zu beherrschen und Auslöser zu meiden (hier also den kleinen Kindern aus dem Weg zu gehen). Da das aber in unserer Gesellschaft schwer ist, ist die Rückfallquote entsprechend hoch. Hier muß abgewogen werden, ob die Sicherungsverwahrung und damit der massive Eingriff in die Persönlichkeitsrechte eines Einzelnen niedriger anzusiedeln ist, als das Recht der Allgemeinheit, vor solchen Leuten geschützt zu werden. Und über die Fortsetzung der Sicherungsverwahrung entscheiden dann wieder Juristen!


    Und zu guter Letzt muss ich dem Onkel DUSA leider etwas widersprechen (sorry, Daniel, aber es ist halt nicht völlig dein Fachgebiet ;) ): Klar kann man merken, dass man auf kleine Kinder steht und dass das nicht so gerne gesehen wird. Aber da man ja auch prima sowas selbst verleugnen kann ("Ich beherrsche das, da hab ich kein Problem!") oder sogar supi verdrehen kann ("Na die wollten das doch selbst!"), kann man eben nicht verlangen, dass die auch selbst zur Therapie gehen. Wenn alle, die eine Trübung des Gemüts haben, zum Psychoonkel gehen würden, dann hätten wir Kohlemäßig ausgesorgt und würden massig neue Stellen bewilligt bekommen. Aber es gehört ja grad zur einfachsten Abwehr des Ichs, sich vorzugaukeln, dass man das schon alleine schaffen wird. Dass das natürlich auch Ausdruck der Störung ist, steht auf einem anderen Blatt. Jedenfalls zeigt das schon, dass die Leute nicht unbedingt voll dabei sind, wenn sie sich dann vergreifen. Und bei dieser Bewertung kommen wieder die Juristen ins Spiel...



    So, bevor ich jetzt gesteinigt werde: Ich bin nicht dafür, das alles auf die leichte Schulter zu nehmen, denn auch ich bin der Meinung, dass z.B. besoffenes Fahren erst recht bestraft werden muss, denn zum Saufen hat das Bewußtsein ja noch gereicht. Trotzdem sollte man sich das Thema Kindesmißbrauch nicht zu einfach machen!

  • Zitat

    Original geschrieben von wrywindfall
    Und zu guter Letzt muss ich dem Onkel DUSA leider etwas widersprechen (sorry, Daniel, aber es ist halt nicht völlig dein Fachgebiet ;) ): Klar kann man merken, dass man auf kleine Kinder steht und dass das nicht so gerne gesehen wird. Aber da man ja auch prima sowas selbst verleugnen kann ("Ich beherrsche das, da hab ich kein Problem!") oder sogar supi verdrehen kann ("Na die wollten das doch selbst!"), kann man eben nicht verlangen, dass die auch selbst zur Therapie gehen.

    Hm - so hatte ich das auch nicht gemeint - da hab ich mich wohl nicht sehr gut ausgedrückt. Mein Punkt war, dass diese Leute trotz ihrer Verleugnung etc. zur Verantwortung gezogen werden können, ja müssen - und ich die Schuldfähigkeit nicht durch "die Kankheit" völlig einschränke.

    Q: I've always tried to teach you two things. First, never let them see you bleed.
    Bond: And the second?
    Q: Always have an escape plan...

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    Original geschrieben von DUSA-2772
    Hm - so hatte ich das auch nicht gemeint - da hab ich mich wohl nicht sehr gut ausgedrückt. Mein Punkt war, dass diese Leute trotz ihrer Verleugnung etc. zur Verantwortung gezogen werden können, ja müssen - und ich die Schuldfähigkeit nicht durch "die Kankheit" völlig einschränke.


    War wohl auch zu hart von mir ausgedrückt...


    Na jedenfalls haben wir doch das juristische Problem des Vorsatzes. Manche Juristen meinen, dass dieser eben dann fehlt, wenn ein Täter Trieb gesteuert über kleine Kinder herfällt. Und ich finde, dass gerade dann, wenn ich triebhaft bin und damit andere Menschen gefährde (und hiermit sind u.a. auch die Leutchen gemeint, die gerne mal etwas mehr trinken, um dann noch schneller fahren zu können!), ich mich dann zurück halten oder sogar fachliche Hilfe aufsuchen sollte.

  • Zitat

    Original geschrieben von DUSA-2772
    Und das ist der Punkt, wo in der Schule imho viel zu weich mit der Sache umgegangen wird. Ich bin sehr wohl für Förderung - aber ich bin auch dafür, den Leuten klar zu machen, auf was es "im Leben" ankommt. Und wer seine Leistungen in Chemie oder was auch immer nicht ordentlich zu Papier bringen kann, hat in der Welt außerhalb des Klassenzimmers ganz schlechte Karten.



    Ich hoffe, ich konnte meine Position da nochmal ein wenig (für Dich) erhellen :)


    Ich hoffe, es stört keinen, wenn ich zum letzten Mal noch kurz etwas dazu schreibe:
    5./6. Klasse: Rechtschreibung überhauptnicht gewertet (bis auf z.B. Latein; wer da in der Formenlehre einen Buchstaben falsch hat, den er sonst überall hingeschrieben hat, keine den Punkt vergessen)
    7./8./9. Klasse: Rechtschreibung ab Elementarbereich Fünf nicht mehr gewertet, ansonsten bekommt man die "normale" Note.
    ab 11. Klasse: Rechtschreibung komplett bewertet - Schonzeit zuende.


    Je nachdem wann nun LRS diagnostiziert wird, hat man nun mehr oder weniger Zeit, sich auf die 11. Klasse vorzubereiten.


    Es gilt übrigens für jeden LRSler, dass der Satz "XYZ leidet an Legasthenie, die Rechtschreibleistungen entsprechen nicht den Anforderungen und sind deshalb nicht in den Deutsch, Englisch etc. Noten enthalten" im Zeugniss steht; egal wie man in dem Halbjahr grad war.

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    Als ich zurückkam von den Reisen und sah am Gepäckband das erste mürrische Gesicht, da dachte ich: Das ist meine Heimat. - Harald Schmidt

  • Zitat

    Original geschrieben von Sebastian


    Was ich meine, ist die juristische Urteilsbegründung. Nur auf Basis derer macht eine Diskussion Sinn.
    Habe ich das gesagt bzw. behauptet? :rolleyes:


    Nochmal zum mitschreiben:
    Keiner hier kennt die Gründe und Begründungen, warum das Urteil so ausgefallen ist; als Quelle wird sich der Shortnews bedient. :rolleyes: Und das ist es, was ich für sinnfrei halte.


    Aber ist es im Grunde nicht egal, welche juristische Gründe das Urteil hatte?
    Der Kerl hat sich 45 mal an der kleinen vergangen (inwiefern sei jetzt mal dahingestellt) und das sind ganze 45 mal zu viel!
    Denn den Schaden, den er den Mädels angetan hat, machen keine 10 Jahre Haft wieder weg!
    Da muß ich ehrlich sagen, ist mir eine juristische Urteilsbegründung ziemlich egal!
    Sowas gehört einfach nicht in unsere Gesellschaft... :mad:

    ˆ\_/
    .O.o
    This is Einkaufswagen. Copy Einkaufswagen into your signature to help him on his way to world domination.

  • Zitat

    Original geschrieben von DUSA-2772
    Als Dipl.-Psych. der im Zweifelsfall so eine "Krankheit" oder "Störung" dann diagnostizieren und bescheinigen darf, tu ich mich mit dieser Argumentation etwas schwer.
    [...]
    Die Frage ist ja: wer ist für die (in diesem Falle strafbaren) Handlungen verantwortlich? Du beantwortest sie mit dem obigen Text mit: "die Krankheit ist schuld, also Therapie". Und da sage ich ganz klar: sorry, so gehts ja nu auch nicht. Auch wenn wir inzwischen dazu neigen, vieles genau so zu entschuldigen. [...]
    Natürlich gibt es immer ein Ursachengeflecht, was es auch zu berücksichtigen gilt. Aber die Person aus der Verantwortung zu nehmen bringt uns nicht weiter - auch in der Therapie nicht. Da sitzen dann nämlich: der Therapeut, der Klient und die Krankheit. Und der Therapeut soll dann gucken, dass die Krankheit das Zimmer verlässt? Dann ist der Therapeut ja in der Verantwortung. Nene, der Klient muss lernen, wie er mit der Krankheit besser umgeht als bisher - und für sie und v.a. sich selbst die Verantwortung übernimmt. So wird ein Schuh draus! (Und bevor jemand fragt: der Therapeut hat die Verantwortung, den Lernprozess zu begleiten und zu "überwachen".)


    Was den konkreten Fall angeht können wir ohne genaue Fakten natürlich nichts sagen. Aber ich wehre mich dagegen, dass Krankheiten oder Alkoholisierung als völlige Ent-Schuld-igung vor Gericht gewertet wird. Man kann das Strafmaß mildern - ob es in dem Fall klug ist, den Mann wieder zurück in die direkte Umgebung der zwei Mädchen zu bringen bezweifel ich mit imho allerdings auch ;) Denn die Auflage des sich-fern-haltens ist im Alltag eh nicht zu überprüfen (vgl. Stalker) bzw. könnte sehr strittig werden.


    Es wurde ja schon oft genug erwähnt und genauso ist es einfach. Aus diesem Schnippsel an Information kann man den Fall nicht objektiv beurteilen. Es fehlen die weiteren Hintergründe.


    Der Thread tendiert leider in Richtung Stammtisch-Niveau. Und das nervt.


    Man muss im Strafrecht zum einen die Situation des Richters und der Justiz im Hinterkopf haben und das in D geltende Recht. Es ist nun einmal so, dass ein Geständnis und eine krankhafte Störung bei der Bemessung der Strafe strafmildernd wirken. Und das ist auch gut so. Es wird keiner bestreiten wollen, dass ein Täter, der ein Geständnis ablegt, im Regelfall mehr Einsichtsfähigkeit an den Tag legt, als einer der alles vergeblich abstreitet. Weiterhin differenziert ein Richter natürlich, ob der Sachverhalt zweifelsfrei nachweisbar ist oder nicht. Ein Geständnis bei klarem Sachverhalt ist natürlich "weniger wert" als eins bei unklarem Sachverhalt und es wird entsprechend berücksichtigt.


    Weiter ist ein Richter kein Mediziner. Er braucht ein medizinisches Gutachten, welches eine krankhafte Störung darlegt. Wenn eine Störung dann nachweislich vorliegt, ist sie natürlich strafmildernd zu berücksichtigen. Das wird verständlich, wenn man sich den Extremfall anschaut. Ein "völlig Irrer" kann nun mal gar nichts für sein tun. Ein "Halbirrer" halt entsprechend wenig. Das wird aber auch entsprechend stark oder eben weniger bei der Srafmessung berücksichtigt.


    Dann sieht unser Rechtsstaat vor, dass sich gestörte Menschen in die Obhut eines Therapeuten zu begeben haben, so eine solche Therapie erfolgversprechend ist. Und natürlich ist der Therapeut dann auch gefordert. Deshalb verwundert mich der Einwand unserers Dipl-Psych ("Und der Therapeut soll dann gucken, dass die Krankheit das Zimmer verlässt?") dann doch etwas. So es denn möglich erscheint, ist es doch seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Krankheit das Zimmer verlässt oder den Patienten zumindest, oder? ;)


    Das Vorbringen "so etwas gehört nicht in unsere Gesellschaft" impliziert als Lösungsmöglichkeit die Beseitigung solcher Menschen. Dies wiederum empfinde ich als äußerst bedenkliche Äußerung. So dachte man in schlechten Zeiten deutscher Geschichte auch schon mal... Aber wenn einem die juristische Begründung eh egal ist... :flop:


    Zappi

    Mitglied Nr. 06 des S///-Rennfahrer-Clubs

  • Zitat

    Original geschrieben von Zappi
    ... Das wird aber auch entsprechend stark oder eben weniger bei der Srafmessung berücksichtigt.


    Dann sieht unser Rechtsstaat vor, dass sich gestörte Menschen in die Obhut eines Therapeuten zu begeben haben, so eine solche Therapie erfolgversprechend ist. Und natürlich ist der Therapeut dann auch gefordert. Deshalb verwundert mich der Einwand unserers Dipl-Psych ("Und der Therapeut soll dann gucken, dass die Krankheit das Zimmer verlässt?") dann doch etwas. So es denn möglich erscheint, ist es doch seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Krankheit das Zimmer verlässt oder den Patienten zumindest, oder? ;)

    Nun, das ist ein Thema, über das wir Psychos auch untereinander diskutieren und streiten ;)


    Mein Eindruck ist manchmal, dass Fachfremde die Vorstellung haben, der Therapeut ist sowas wie der KFZ-Mechaniker, der einfach mal die Zündkerzen wechselt, Öl austauscht, die Bremsbelege erneuert und ggf. noch ein paar Softwareupdates für die Motorsteuerung einspielt. Der Therapeut "bastelt" in seinem stillen Kämmerlein irgendwas und der Klient kommt repariert geheilt wieder zur Türe raus.


    Nun, mit Menschen isses leider etwas komplizierter. Viele haben sich schon dran versucht, viele versuchen sich noch immer dran, aber jeder hat so seinen eigenen Willen und seine eigene Verhaltenssteuerung. Die lässt sich zwar beeinflussen, aber nie komplett vorhersagen.


    Da ich nicht im therapeutischen Bereich arbeite, kann ich Dir nur meine "halbqualifizierte" Meinung zu sagen, vielleicht äußert sich unser anderer Onkel ja nochmal genauer (und korrigiert mich wieder :D) :)
    Ich persönlich bin der Meinung, dass Therapie eine Hilfe zur Selbsthilfe darstellt. Der Klient ist in Bereich X nicht handlungsfähig bzw. sein Verhaltensrepertoire reicht nicht aus, um bestimmte Situationen zu bewältigen, bisherige Versuche scheitern. Also begleitet ihn der Therapeut auf einem Lernprozess - sowohl auf kognitiver als auch auf der emotionalen Ebene. Dabei wendet er Methoden an, die sich als erfolgreich bewießen haben (zumindest einige Therapieformen :D) Das klingt jetzt mechanischer als es in der Praxis ist - lernen tut nämlich in dem Fall oft ein bisserl weh ;) Quintessenz ist jedenfalls, dass nicht der Therapeut die problematischen Situationen in Zukunft bestehen können muss/soll, sondern der Klient alleine. Deshalb: egal wie Du es drehst, ab einem bestimmten Punkt hat der Klient spätestens (wieder) die volle Verantwortung für sein eigenes Verhalten.



    Was von uns Psychologen dann v.a. vor Gericht verlangt wird, ist imho im Grunde nicht zu leisten: wir werden gefragt, (um es mal etwas salopp zu formulieren) ob man den Klient wieder auf die Menschheit loslassen kann. Und da können wir nur eine Prognose abgeben, keine Garantie. Hinzu kommen die schon von wrywindfall angesprochenen "Übersetzungsprobleme" - Psychologen haben ihre Fachsprache, Juristen eine völlig andere. Und beide Seiten haben oft wenig bis null Ahnung vom Fachgebiet des anderen, was die Kommunikation dann nochmal schwieriger macht.


    Insgesamt ist es ein schwieriges Gebiet und es ist imho oft auch eine Frage der gesellschaftlichen Bewertung bzw. des Kontextes. Für mich gibt es da wenig bis keine absoluten Aussagen, sondern immer ein
    einerseits.... andererseits...
    ;)


    So, und jezt lass ich mal den echten Onkel ran... ;)

    Q: I've always tried to teach you two things. First, never let them see you bleed.
    Bond: And the second?
    Q: Always have an escape plan...

  • Zitat

    Original geschrieben von DUSA-2772
    So, und jezt lass ich mal den echten Onkel ran... ;)
    Da ich nicht im therapeutischen Bereich arbeite, kann ich Dir nur meine "halbqualifizierte" Meinung zu sagen, vielleicht äußert sich unser anderer Onkel ja nochmal genauer (und korrigiert mich wieder :D) :)


    Ach Mensch, Daniel, da muss ich ja schon wieder... :D Obwohl du das ganz zutreffend beschrieben hast...


    Um mal in dem Bild zu bleiben: der Klient/Täter/Patient/whatsoever soll lernen, in Zukunft die Zündkerzen selbst zu wechseln. Welche er dann nimmt und wann oder ob er überhaupt wechselt, können wir Psychoonkels nicht vorraussagen, wir können höchstens dazu beitragen, dass dieser Mensch, wenn er will, das ganze "gut" lernt.
    Ein Problem ist dabei z.B. "Therapie statt Strafe". Da hat man dann ein fremd motiviertes Bürschchen vor sich sitzen, was nur da ist, weil es nicht in den Knast will. Das ist supi motivierend, denn der will nur möglichst schnell raus und ich will ihn motivieren, sich doch in Zukunft zu ändern. Ein umeinander rum rennen ist da vorprogrammiert. Obwohl ich dann den längeren Hebel habe: wenn er nicht spurt, petze ich beim Richter und bums kommt der pöse Pursche wieder ab hinter schwedische Gardinen. Aber das schafft kein Vertrauensverhältnis, was das A und O einer Therapie ist. Merke: gegen den Willen kann man nix machen und diese Straftäter trixen wie die Wilden. Da muss man schon jede Menge Berufserfahrung haben, um das zu erkennen. Im Zweifelsfall kommt der eben nicht raus und ich muss damit leben, jemanden die Zukunft erst einmal verbaut zu haben (was für zukünftige Therapie Vertrauen und Motivation verhagelt), der vielleicht nach draußen gekonnt hätte.


    Und wie gesagt, der pädophile Trieb ist unheilbar. Da können wir Psychoonkels nur versuchen, diese Menschen dazu zu bringen, ihren Trieb zu beherrschen. Aber eine Aussage darüber treffen, ob der sich in Zukunft auch daran halten wird, ist schwer zu treffen. Wie überall wird nur mit Wahrscheinlichkeiten gearbeitet. Ist ein Rückfall sehr unwahrscheinlich und passiert dann doch etwas, dann ist die geringere Wahrscheinlichkeit doch eingetroffen. Und das kommt ja dann in der Öffentlichkeit so an, als wenn alles Personal den Beruf verfehlt hätte und mutwillig alle schlimmen Leute raus lassen würde. Zum Glück haben die mich letztens in den Brandenburger Knästen nicht genommen... :rolleyes:

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